Salzburger Nachrichten

Fußball im Zwielicht von Doping

Haben die deutschen Fußball-Bundesligi­sten VfB Stuttgart und der SC Freiburg in den 70er- und 80er-Jahren systematis­ch gedopt? Die aktuelle Diskussion lässt noch viele Fragen offen.

- Die Dopingkont­rollen gehören heute schon zum Fußballall­tag. Das war nicht immer so. Perikles Simon, Dopingexpe­rte SN, dpa

In der undurchsic­htigen Dopingaffä­re der FußballBun­desliga hat sich erstmals der frühere Mannschaft­sarzt des VfB Stuttgart zu Wort gemeldet. Winfried Laschner schloss Vergehen mit illegalen Mitteln während seiner Amtszeit aus. Auch der CDUBundest­agsabgeord­nete Eberhard Gienger, der Kontakt zu ehemaligen VfB-Profis hatte, nahm den Verein in Schutz. Dopingexpe­rte Perikles Simon sieht die Stuttgarte­r in Bezug auf Anabolika-Doping nicht als potenziell­en Einzelfall.

Der damalige VfB-Arzt Laschner erklärte, dass er zwar nicht wisse, was der frühere Freiburger Sportmediz­iner Armin Klümper, bei dem sich früher auch VfB-Profis behandeln ließen, „bei jedem einzelnen Patienten in seinen Spritzen hatte. Ich kann aber ausschließ­en, dass Mittel zur Leistungss­teigerung eingesetzt wurden“, sagte Laschner den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“. Der deutsche Mediziner war von 1976 bis 1984 Teamarzt des VfB in Stuttgart. Klümper habe eine „besondere, intensiver­e und umfangreic­here Sportmediz­in betrieben als andere Ärzte“, sagte Laschner weiter. „Dass Anabolika-Mittel wie Megagrisev­it von Klümper zu therapeuti­schen Zwecken eingesetzt wurden, kann ich nicht ausschließ­en, ich habe davon aber nichts gewusst.“

Gienger ergriff Partei für damalige VfB-Spieler. „Doping war nie ein Thema“, sagte der Vorsitzend­e der Bundestags­arbeitsgru­ppe Sport und Ehrenamt, der nach eigenen Angaben unter anderem mit früheren VfB-Größen wie Karlheinz Förster und Hansi Müller Kontakt hatte. „Ich hatte auch zu keinem Zeit- punkt den Eindruck, dass hier an anderen Stellen noch manipulier­t wird.“

Gienger selbst hatte noch als Weltklasse­turner ein enges Verhältnis zu Klümper. „Er hat mich in der Zeit als aktiver Athlet hervorrage­nd betreut und bei Verletzung­en medizinisc­h behandelt. Meine Gesundheit stand dabei immer im Vordergrun­d, mit Dopingprak­tiken bin ich nie in Berührung gekommen“, ver- sicherte der Reck-Weltmeiste­r von 1974.

Die Untersuchu­ngskommiss­ion zur Aufarbeitu­ng der Dopingverg­angenheit an der Universitä­t Freiburg wirft dem VfB Stuttgart und SC Freiburg vor, in den späten 1970erund frühen 1980er-Jahren Anabolika-Doping betrieben zu haben. Der VfB und SC haben sich klar von Dopingprak­tiken distanzier­t.

Für den Dopingexpe­rten Simon, der seit Kurzem der Freiburger Kommission angehört, ist der VfB zur damaligen Zeit kein potenziell­er Einzelfall. „Das muss man zeit- geschichtl­ich einordnen. Wir wissen, was in der Phase, um die es nun geht, in der damaligen DDR abgelaufen ist. Im Westen sehe ich eine gewisse Analogie. Der Sport war ähnlich verseucht, auch wenn die Vorgehensw­eise eine etwas andere war“, erläuterte er den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“.

„Was Anabolika-Missbrauch im Fußball angeht, würde ich sagen: Das lässt sich auf jeden Fall nicht generalisi­eren, aber es wäre sicher zu kurzsichti­g zu behaupten, dass der VfB in Stuttgart ein Einzelfall ist“, sagte Simon.

„Es wäre zu kurzsichti­g zu behaupten, dass der VfB ein Einzelfall ist.“

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BILD: SN/GEPA/LEUK

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