„Weniger Stau, weniger Unfälle“
Der Leiter der Verkehrsabteilung über Emotionen und Fakten zu Tempo 80.
SN: Warum die Aufregung, nur weil wir 20 km/h weniger fahren dürfen? Sind wir ein Land der Raunzer? Schmidhuber: Der motorisierte Verkehr ist ein sehr emotional besetztes Thema. Es hat auch zu Beginn des Hunderters nach Golling erboste Anrainer gegeben, die gesagt haben: ,So ein Wahnsinn. Da werden wir nur noch Stau haben.‘ Aber was ist ein Stau? Das Ergebnis von Geschwindigkeitsunterschieden bei sehr viel Verkehr. Das ist der Zeitfresser. Nicht, ob ich 80 oder 100 fahre. SN: Dann erwarten Sie mit Tempo 80 weniger Stau? Müsste so sein. Vor allem, wenn die Autofahrer alle drei Fahrstreifen gut nutzen. Die äußerst linke Spur wurde im Probezeitraum kaum benutzt. Das wird ein Gewöhnungseffekt. Man muss den Autofahrern ein Jahr Zeit geben. Und bitte, was habe ich persönlich für einen Nachteil, wenn ich statt 100 eben 80 fahre? Das sind 90 Sekunden länger, die ich für diese Strecke brauche. SN: Auf Freilandstraßen darf ich 100 km/h fahren, auf der Autobahn 80. Irgendwie schizophren. Der Zeitgewinn auf der Autobahn liegt darin, dass ich keine Kreuzungen und keine Fußgänger habe. Das Verkehrsaufkommen, das die Autobahn bewältigt, wird eine Freilandstraße nie schaffen. In Schweden gelten 110 km/h. Dort halten sich die Leute daran. Es wird sogar als unanständig empfunden, wenn man sich nicht an Verkehrsregeln hält. SN: Also fehlt uns da ein Unrechtsbewusstsein? Ich glaube, bei uns wird es als Einschränkung der persönlichen Freiheit empfunden. Dass man freiwillig etwas her- gibt, im Straßenverkehr bei uns nicht üblich.
ist das SN: Lauter Egoisten hinter dem Lenkrad? Ein Beispiel dazu: Ein Gemeindepolitiker aus dem Flachgau fordert in seiner Gemeinde massiv 30er-Zonen. Und selbst hat er in Deutschland ein Fahrverbot wegen Schnellfahrens. Das passt doch nicht zusammen. Vor meiner Haustür so, aber wenn ich unterwegs bin, dann gilt was anderes. Wenn sie zurückschauen auf die 100 km/h der Tauernautobahn. Ist irgendjemand zu spät in die Arbeit gekommen? Glaub ich nicht. Aber es gibt seither weniger Unfälle. Das heißt weniger Staus. Heute redet keiner mehr über den Hunderter auf der A10. SN: Sie rechnen auch bei Tempo 80 mit weniger Unfällen? Ein Gutachter behauptet das Gegenteil. Prinzipiell ist die Unfallhäufig-
So viele Strafen wurden im Vorjahr während des dreimonatigen Probebetriebs von Tempo 80 bei nur einem stationären Radar ausgestellt. 36 Prozent betrafen ausländische Lenker und waren uneinbringlich. In Summe hat die Stadt über eine halbe Million Euro eingenommen. Nun kommen drei zusätzliche Blitzer inklusive Frontradar.
So viele Anzeigen nach Geschwindigkeitsübertretungen mussten die Behörden in Salzburg im Vorjahr einstellen, weil sie im Ausland nicht kassierbar waren. keit massiv gesunken, auch auf der A10 – obwohl man keine eindeutige Bilanz ziehen kann, weil es seither viele Baustellen gegeben hat. Ich hätte mir schon in der Probephase von Tempo 80 ein Sinken der Unfallzahlen erwartet. Das wird wohl wie bei neuen Kreisverkehren so sein – am Anfang werden es mehr Unfälle, auf lange Sicht viel weniger. SN: Die Toleranzgrenze wurde gesenkt. Was sagen Sie jemandem, der 56 statt 50 km/h gefahren ist und 30 Euro Strafe zahlen muss? 50 ist immer noch 50. Und wenn da 56 auf der Strafanzeige steht, dann ist derjenige in Wahrheit 61 km/h gefahren, denn 5 km/h Eichfehler haben wir ihm schon abgezogen. Die Frage ist: Gibt es ein verbrieftes Recht von Überschreitung geltender Regeln? Es scheint aber, dass manche ein Anrecht darin sehen. 5 km/h Toleranz ist internationaler Standard. Bei uns aber bricht ein Sturm der Entrüstung los. Kollegen im Ausland verstehen mich nicht, wenn ich davon berichte. SN: Apropos Ausland: Die meisten ausländischen Lenker werden bei Tempo 80 ungestraft davonkommen. Dafür fühlen sich die Salzburger abgezockt. Der Ärger ist nachvollziehbar. Umgekehrt kommen auch wir Österreicher im Ausland oft davon. Es ist deswegen aber noch lange nicht in Ordnung. Aber wir bauen nur noch Frontradare auf und bemühen uns, die Lenker sofort anzuhalten. Da sind uns ressourcenmäßig Grenzen gesetzt. SN: Und das Argument der Abzocke? Tempo 80 ist politisch gewollt. Wir sind Weisungsempfänger. Und wir kontrollieren nicht mehr als sonst, sondern das Übliche.
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