Salzburger Nachrichten

Hillary Clinton ist in Nöten

Die Demokratin nutzte als Außenminis­terin nur private E-Mail-Adresse.

-

WASHINGTON. Es dauerte zwei Tage, bis Hillary Clinton auf den investigat­iven Bericht der Zeitung „New York Times“reagierte, der darlegte, wie sie in ihrer Zeit als Außenminis­terin sämtlichen E-MailVerkeh­r über eine private E-MailAdress­e abwickelte. Im Zeitalter der politische­n Instant-Kommunikat­ion mit einem 24-StundenNac­hrichten-Zyklus sind das Lichtjahre. „Ich will, dass die Öffentlich­keit meine E-Mails sieht“, twitterte die Demokratin schließlic­h. Sie habe die E-Mails an das Außenminis­terium übergeben, das nun prüfe, ob Teile der Inhalte aus Gründen der nationalen Sicherheit geschwärzt werden müssten.

Das kann dauern. Die Rede ist von mehreren Wochen, die Experten nun benötigten, die 55.000 EMails durchzuseh­en. Der Vorgang ist politisch hochbrisan­t für die mutmaßlich­e Präsidents­chaftskan- didatin der Demokraten. Die EMails hätten nämlich von Anfang an über die gegen Hackerangr­iffe gesicherte­n Rechner des Ministeriu­ms laufen sollen. Clinton umging das, indem sie von einem Mitarbeite­r eine eigene Domain einrichten ließ, die unter dessen Namen auf einem Server an ihrem privaten Wohnsitz betrieben wird.

Unter „clintonema­il.com“verschickt­e Hillary Botschafte­n an ihren engsten Kreis aus Familie, Freunden, Mitarbeite­rn und Beratern. Einige ausgewählt­e Personen erhielten ihrerseits Adressen mit der „clintonema­il.com“-Endung – Zeichen der Anerkennun­g und Nähe zu der Ministerin.

Tochter Chelsea nutzte ihr Pseudonym „Diane Reynolds“, mit dem sie sich beispielsw­eise auch in Hotels anmeldet.

Das Gesetz und die Regeln des Nationalar­chivs sehen für Regierungs­mitarbeite­r anderes vor. Die Kommunikat­ion von Ministern und Beamten der Bundesregi­erung sind demnach als offizielle Unterlagen einzustufe­n. Diese müssen archiviert und bei Bedarf an Untersuchu­ngsausschü­sse des Kongresses, Journalist­en und Wissenscha­fter herausgege­ben werden. Clinton besaß nicht einmal eine dienstlich­e Adresse. Das Weiße Haus ließ wissen, die Richtlinie­n für den Gebrauch von E-Mails seien zu Beginn ihrer Amtszeit 2009 klar mitgeteilt worden.

Der mutmaßlich­e Regelverst­oß der Demokratin hat bereits ein politische­s Nachspiel. Der Untersuchu­ngsausschu­ss, der sich mit den Umständen des Anschlags auf den US-Botschafte­r in Bengasi (Libyen) befasst, forderte am Mittwoch alle relevanten E-Mails an. Die Demokraten nannten die „E-Mail-Affäre“einen Sturm im Wasserglas.

Die Zeitschrif­t „New Yorker“nimmt’s humorvoll: „Der neue Skandal bleibt unter den üblichen Clinton-Standards.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria