Ferguson ist fast überall
Es ist ein erschreckendes Bild, welches das US-Justizministerium von den Zuständen in Ferguson zeichnet. Diese kleine Arbeiterstadt nahe St. Louis im Bundesstaat Missouri zählt zu zwei Dritteln schwarze Bürger, aber die Polizei ist ganz überwiegend weiß. Mehr noch: Behördenstellen in dieser Stadt sind fast sämtlich in der Hand von Weißen.
So sehen wir Polizisten, deren Feindseligkeit gegenüber Schwarzen in die Routine gewaltsamer Übergriffe umschlägt. So erkennen wir Behörden, die die Stadtkasse regelmäßig dadurch auffüllen, dass die Polizei schwarze Bürger schikaniert und aus nichtigem Grund Geldstrafen gegen sie verhängt. Von rassistischen Praktiken spricht das US-Justizministerium, das darauf verweist, dass in diesem völlig vergifteten Klima die Erschießung eines unbewaffneten 18-jährigen Schwarzen durch einen weißen Polizisten 2014 wie ein Zündfunke wirken musste, der wütende, teilweise brennende Proteste im Land auslöste.
Jetzt kommt massiver Druck aus Washington, dass sich die Dinge in Ferguson ändern müssen. Es ist selten, dass sich die amerikanische Bundesregierung mit solchem Gewicht in das Geschehen einer Kleinstadt einschaltet. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Ferguson kein Einzelfall, sondern tatsächlich vielerorts in den USA ist. 50 Jahre nach den Anstößen der Bürgerrechtsbewegung gibt es zwar viele erfolgreiche Afroamerikaner, die in den Mittelstand aufgestiegen sind. Aber für viele Schwarze bestimmen weiterhin Armut, Gewalt und Diskriminierung den Alltag. Die US-Gesellschaft ist entgegen allen Versprechen nicht farbenblind geworden. Daran hat zur Enttäuschung vieler Afroamerikaner auch Barack Obama als erster schwarzer Präsident nichts geändert.