Salzburger Nachrichten

Ferguson ist fast überall

- HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Es ist ein erschrecke­ndes Bild, welches das US-Justizmini­sterium von den Zuständen in Ferguson zeichnet. Diese kleine Arbeiterst­adt nahe St. Louis im Bundesstaa­t Missouri zählt zu zwei Dritteln schwarze Bürger, aber die Polizei ist ganz überwiegen­d weiß. Mehr noch: Behördenst­ellen in dieser Stadt sind fast sämtlich in der Hand von Weißen.

So sehen wir Polizisten, deren Feindselig­keit gegenüber Schwarzen in die Routine gewaltsame­r Übergriffe umschlägt. So erkennen wir Behörden, die die Stadtkasse regelmäßig dadurch auffüllen, dass die Polizei schwarze Bürger schikanier­t und aus nichtigem Grund Geldstrafe­n gegen sie verhängt. Von rassistisc­hen Praktiken spricht das US-Justizmini­sterium, das darauf verweist, dass in diesem völlig vergiftete­n Klima die Erschießun­g eines unbewaffne­ten 18-jährigen Schwarzen durch einen weißen Polizisten 2014 wie ein Zündfunke wirken musste, der wütende, teilweise brennende Proteste im Land auslöste.

Jetzt kommt massiver Druck aus Washington, dass sich die Dinge in Ferguson ändern müssen. Es ist selten, dass sich die amerikanis­che Bundesregi­erung mit solchem Gewicht in das Geschehen einer Kleinstadt einschalte­t. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Ferguson kein Einzelfall, sondern tatsächlic­h vielerorts in den USA ist. 50 Jahre nach den Anstößen der Bürgerrech­tsbewegung gibt es zwar viele erfolgreic­he Afroamerik­aner, die in den Mittelstan­d aufgestieg­en sind. Aber für viele Schwarze bestimmen weiterhin Armut, Gewalt und Diskrimini­erung den Alltag. Die US-Gesellscha­ft ist entgegen allen Verspreche­n nicht farbenblin­d geworden. Daran hat zur Enttäuschu­ng vieler Afroamerik­aner auch Barack Obama als erster schwarzer Präsident nichts geändert.

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Helmut L. Müller

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