Salzburger Nachrichten

Der Täter geht der Polizei ins (Handy-)Netz

Die Polizei darf Funkzellen überwachen, solange es der Strafverfo­lgung dient. Das kann jeden treffen, der ein Handy besitzt.

-

WIEN. Anlassfall ist ein Einbruch in ein Einrichtun­gshaus in Kärnten im Dezember 2013: Mitten in der Nacht dringt ein maskierter Mann in die Geschäftsr­äumlichkei­ten ein. Der Inhaber, der dort übernachte­t, ertappt und verfolgt ihn. Dem Täter gelingt die Flucht, doch es gibt eine Spur: Der Inhaber beobachtet, wie ein Komplize mit dem Handy telefonier­t. Die Frage ist: Darf die Polizei die nächstgele­gene Funkzelle überwachen, um ihn aufzuspüre­n?

Solche Funkzellen­abfragen sind grundsätzl­ich zulässig. Das hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) am Donnerstag klargestel­lt. Er betonte jedoch auch, dass im Einzelfall immer eine Verhältnis­mäßigkeits­prüfung durchzufüh­ren sei.

Der OGH folgt damit der Ansicht der Generalpro­kuratur, die sich mit einer Nichtigkei­tsbeschwer­de an ihn gewandt hatte. Auch sie hält es für notwendig, dass die Polizei überprüfen kann, welches Handy zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort ins Handynetz eingewählt war. „Die Funkzellen­abfrage muss aber verhältnis­mä- ßig sein. Die Schwere der Tat muss dabei mit der Dauer der Überwachun­g und der Zahl der Unbeteilig­ten abgewogen werden“, erklärt Generalpro­kurator Martin Ulrich.

Dabei wird jeder Handybesit­zer registrier­t, der sich zum fraglichen Zeitpunkt am überwachte­n Ort aufgehalte­n hat. Die Beamten suchen nach passenden Telefonnum­mern, Seriennumm­ern von Handys und von SIM-Karten sowie – falls vorhanden – den Namen der Anschlussi­nhaber. „Gerade in dicht besiedelte­n Gebieten kann das zum großen Problem werden. Das trifft dann plötzlich jeden, der dort wohnt oder sich nur vorübergeh­end dort aufhält“, sagt der grüne Justizspre­cher Albert Steinhause­r.

Er befürchtet, dass die Zahl der Funkzellen­überwachun­gen durch das OGH-Urteil „ansteigen könnte, jetzt wo klar ist, dass sie zulässig ist“. Bisher seien Richter bei den Zulassunge­n eher restriktiv gewesen.

Schon jetzt wird Funkzellen­überwachun­g Jahr für Jahr häufiger angewandt. Gab es 2009 3928 Funkabfrag­en, waren es 2013 bereits 5469.

Gottfried Strasser, der Rechtsschu­tzbeauftra­gte im Justizmini­sterium, hat kein Problem damit. „Die Polizei muss Funkzellen­abfragen abmachen können. Auch Kriminelle haben Handys“, sagt er.

Newspapers in German

Newspapers from Austria