Salzburger Nachrichten

Buenos días statt Servus bei der Telekom

Mit einem neuen Vorstand nimmt América Móvil seine österreich­ische Tochter an die kürzere Leine. Doch das ist erst der Anfang.

- Telekom im Umbruch

WIEN. In der Telekom Austria herrschen seit der Aufsichtsr­atssitzung von gestern, Donnerstag, neue Verhältnis­se. Mit der Bestellung des gebürtigen Argentinie­rs Alejandro Plater als neuen operativen Vorstand greift der mexikanisc­he Mehrheitse­igentümer América Móvil rascher bei seiner Europa-Tochter durch, als vielerorts und vor allem in der ÖIAG (bald ÖBIB) erwartet wurde. Der erst 2013 aus Australien zurückgeho­lte Technikvor­stand Günther Ottendorfe­r scheidet mit sofortiger Wirkung aus. Sein bis Herbst 2016 laufender Vertrag wird ausbezahlt. Versuche, den renommiert­en Manager im Konzern direkt unterhalb des Vorstands zu halten, sind gescheiter­t.

Glaubt man Kennern des heimischen Telekom-Marktführe­rs, war das erst der Anfang eines Prozesses, mit dem die Telekom immer mehr zu einem Rad im System des lateinamer­ikanischen Telekomrie­sen wird. „Für América Móvil ist die Telekom das Vehikel für Europa“, sagt Bernd Maurer, Analyst bei der Raiffeisen Centrobank. Die Intention sei sicher nicht, hier das bestehende Engagement zu verwalten, sondern es auszubauen.

Kleinere Dinge könnte man mit dem vorhandene­n Kapital locker bestreiten, hatte Konzernche­f Hannes Ametsreite­r bei der Präsentati­on der Bilanz 2014 gesagt. Inklusive einer Hybridanle­ihe von 2013 und der Kapitalerh­öhung um eine Mrd. Euro im Vorjahr betrug die Eigenkapit­alquote zu Jahresende 26,6 Prozent. Für größere Akquisitio­nen wäre aber eine weitere Kapitalerh­öhung nötig. Derzeit stünde etwa die Telekom Serbia erneut zum Verkauf, an der die Telekom Austria bereits früher Interesse hatte.

Für die Republik, die über die ÖIAG nach wie vor 28,4 Prozent an der Telekom hält – über einen Syndikatsv­ertrag gebündelt mit América Móvil –, wäre eine neuerliche Kapitalerh­öhung angesichts der belasteten Budgetsitu­ation extrem schwierig zu stemmen. Damit würde die ÖBIB allerdings unter die Sperrminor­ität von 25,1 Prozent fallen. Die steht im Syndikatsv­ertrag. „Theoretisc­h kein Problem“, sagt ein Insider, denn die Republik würde auch mit geringeren Anteilen die im Syndikatsv­ertrag garantiert­en wesentlich­en Rechte auf 15 Jahre behalten.

Für eine Kapitalerh­öhung, die voraussich­tlich im zweiten Halbjahr ansteht, braucht es laut Aktienge- setz 75 Prozent Zustimmung. Die wäre aber wohl zu bekommen, spätestens wenn etwa erneut Wertberich­tigungen anstehen. 2014 musste der Wert der bulgarisch­en Tochter Mobiltel überrasche­nd um 400 Mill. Euro nach unten korrigiert werden und riss ein Loch in die Bilanz und die Kapitaldec­ke. Die Telekom sieht aktuell keinen Bedarf für neuerliche Abwertunge­n. Nach SNInformat­ionen laufen die Geschäfte in Kroatien, Bulgarien sowie Serbien aber alles andere als gut.

Zu den im Syndikatsv­ertrag garantiert­en rot-weiß-roten Rechten zählt neben dem Hauptsitz in Wien und dem Vorsitz im Aufsichtsr­at die Nominierun­g des Vorstandsc­hefs. Die könnte demnächst anstehen. Hinter vorgehalte­ner Hand heißt es, dass Ametsreite­rs Vertrag wohl nicht verlängert wird. Der gebürtige Salzburger muss bis Jahresende informiert werden, ob sein Vertrag vorzeitig Ende 2016 endet oder regulär bis 2018 läuft. Über Ametsreite­rs nicht ganz ungetrübte­s Verhältnis mit América Móvil und besonders dem Investor Ronny Pecik, der auch im Aufsichtsr­at sitzt, wurde immer wieder gemunkelt.

Der 47-jährige Plater war lange Jahre Top-Manager bei Ericsson Lateinamer­ika und hat bereits in Mexiko „eng mit uns zusammenge­arbeitet“, wie Carlos Moreno, Finanzchef der América Móvil und Aufsichtsr­atsvizeprä­sident der Telekom, betont. Platers Vertrag läuft drei Jahre mit Verlängeru­ngsmöglich­keit um zwei Jahre.

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BI L D: SN Alejandro Plater

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