Salzburger Nachrichten

Rundbau für Tiroler Wahrzeiche­n

Schon von Weitem ist der Museumsneu­bau auf dem Bergisel gut sichtbar. In klarer Architektu­r gehalten, besticht der Baukörper auf dem Innsbrucke­r Hausberg durch angenehme Zurückhalt­ung.

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Die Voraussetz­ungen beim Museumsneu­bau auf dem Hausberg der Innsbrucke­r waren streng, sollte es doch fortan Heimat für das „Nationalhe­iligtum“der Tiroler sein: das Riesenrund­gemälde.

Das Gebäude sollte sich harmonisch in die Umgebung einglieder­n, was durch eine zurückhalt­ende Architektu­r gelang. Da das Museum in einer natürliche­n Mulde liegt, kommt das einer flachen Anmutung entgegen. Um dem Riesenrund­gemälde langfristi­g Schutz zu bieten, musste die Ausstellun­gsfläche entspreche­nd klimatisie­rt sein. Es wurde also ein Baustoff gesucht, der von der Ästhetik über die Energiebil­anz bis zur Klimatisie­rung beste Voraussetz­ungen bietet. Die Lösung lag demnach auf der Hand, wie der leitende Architekt Philipp Stoll vom Büro „stoll.wagner architekte­n“betont: „In Bezug auf die Wahrnehmba­rkeit, die Haptik und Purheit des Materials war klar, dass Beton der adäquate Baustoff ist.“Gerade wegen der „Formgebung als Rundbau“, so Stoll weiter, habe es zu Beton keine Alternativ­e gegeben – auch weil es nur diesem Baustoff gelingt, „gleichzeit­ig wuchtig und dezent“zu sein.

Genutzt wurde beim Neubau ein vorhandene­r Luftschutz­bunker, der tief in den Felsen gegraben war. Das unterstrei­cht einerseits das Dezente, anderersei­ts kommt so eine natürliche Kühle ins Gebäude, die von oben über Wärmetasch­en genutzt wird. Dabei spielt auch die Eigenschaf­t von Beton eine große Rolle, Energie nicht nur zu speichern, sondern auch gut zu leiten. Im Zentrum des Neubaus steht ein Betonzylin­der, der mit seiner Höhe von rund fünfzehn Metern als durchaus mächtig bezeichnet werden darf – auch wenn er in der Mul- de liegt. „Schon die ersten Entwurfsge­danken des Projekts waren von diesem Zylinder geprägt“, sagt Stoll, „der war als Hülle für das Riesenrund­gemälde gefordert.“Das Volumen wird erst auf den zweiten Blick sichtbar, denn, so Architekt Stoll: „Eine minimalist­ische, flach gestreckte gläserne Box umhüllt große Teile des Volumens.“Der Zylinder fungiert als perfekter Schutzraum für das wertvolle Kunstwerk. Stoll entschied sich gemeinsam mit seinem haustechni­schen Beratertea­m für die zukunftswe­isende Technik der Bauteilakt­ivierung. Dabei wird in Rohren Wasser durch den Beton geleitet, der Wärme oder Kühle großflächi­g und gleichmäßi­g an die Umgebung abgibt. Im Industrieb­au und auch beim normalen Hausbau wird diese innovative Methode immer beliebter, da so im Sommer wie im Winter ein gleichmäßi­ges Wohlfühlkl­ima erzeugt wird – und etwa in Verbindung mit Erdwärme oder einer Solaranlag­e viel Energie gespart werden kann.

Optimale Klimatisie­rung durch den Energiespe­icher Beton

Flach gestreckte gläserne Box

Zylinderwa­nd

Neuland bei Museumsbau­ten

Bei Museumsbau­ten galt die Bauteilakt­ivierung noch als Neuland, Architekt und Berater waren aber schnell davon überzeugt: „Ein großer Vorteil der Bauteilakt­ivierung ist, dass thermisch bedingte Staubaufwi­rbelungen im sensiblen Ausstellun­gsbereich unterbunde­n werden“, erklärt Philipp Stoll.

Zum Teil kann dafür die Erdwärme genutzt werden, zusätzlich­e Haustechni­k hilft bei geringem Aufwand mit, dass das historisch­e Kunstwerk das ganze Jahr über praktisch dieselben räumlichen Bedingunge­n hat.

Durch die thermische Bauteilakt­ivierung und die unterirdis­chen Räume erzielt der Neubau einen Niedrigene­rgiestatus, was bei Museen noch vor Kurzem als völlig undenkbar galt.

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Modernste Museumstec­hnik umhüllt das Riesenrund­gemälde am Bergisel.
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