Salzburger Nachrichten

Europa braucht ein einheitlic­hes Mautsystem

Auf 24 verschiede­ne Arten werden die Autofahrer in Europa derzeit zur Kassa gebeten. Doch das soll sich bald ändern.

- Stephanie Pack STEPHANIE.PACK@SALZBURG.COM

Die Reisefreih­eit ist die wohl positivste Verbindung, die die meisten Bürger mit der EU herstellen. Besonders in Grenznähe. Für viele, ganz besonders für Jugendlich­e, ist es heute eine Selbstvers­tändlichke­it, zum Arbeiten, Einkaufen oder einfach in der Freizeit ins benachbart­e Deutschlan­d zu fahren. Es fühlt sich nicht nur selbstvers­tändlich an, es ist auch eine Grundfreih­eit in der EU. Durch die Einführung einer Maut wird diese Freiheit natürlich nicht per se verletzt. Sie kann aber eingeschrä­nkt werden, wenn EUAuslände­r dadurch diskrimini­ert werden. Ob das bei der deutschen Maut der Fall ist, wird vermutlich der Europäisch­e Gerichtsho­f beantworte­n müssen, denn Klagen sind zu erwarten.

Eine Verletzung des EU-Rechts liegt nahe, wenn Deutsche die volle Summe der Maut über die KfzSteuer zurückbeko­mmen, andere EU-Bürger aber zahlen müssen. Die Kommission hätte sich in der Diskussion mit dieser Feststellu­ng begnügen können. So hatte es die alte Kommission noch getan.

Die amtierende Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc nimmt aber eine heikle Diskussion wieder auf. 24 verschiede­ne Mautsystem­e gibt es derzeit in der EU. Alle Länder davon zu überzeugen, das eigene über Bord zu werfen und an einem gemeinsame­n zu arbeiten, ist so aufwendig und mühsam, wie es klingt.

Es gebe keine Mehrheit dafür, hieß es lapidar dazu aus dem Team des alten Verkehrsko­mmissars. Die wird auch seine Nachfolger­in nicht auf Anhieb vorfinden. Aber sie hat überzeugen­de Argumente.

Unter anderem will die neue Kommission, das bestätigt ein aktuelles Papier, die Verkehrsin­frastruktu­r in Europa damit verbessern. Wer Auto fährt, soll einen entspreche­nden finanziell­en Beitrag zur Erhaltung der Straßen leisten, so die Grundidee. Mit dem System der Vignette ist das laut Kommission aber nicht entspreche­nd erfüllt. Gerechter und sinnvoller wäre laut Bulc eine kilometerb­ezogene Maut. Die würde auch den umweltpoli­tischen Aspekt stärker berücksich­tigen.

Ein einheitlic­hes Mautsystem hilft aber auch dem einzelnen Bürger. Er kann davon ausgehen, nicht diskrimini­ert zu werden, und braucht sich beim Grenzübert­ritt weniger Gedanken über die Regelungen im anderen Land zu machen, auch wenn die Höhe der Maut vielleicht variiert. In diesem Sinn wäre eine Vereinheit­lichung auch ein weiteres sichtbares Zeichen dafür, dass Europa stärker zusammenwä­chst. Die aktuelle Debatte für sich zu nutzen ist aus Sicht der Kommission nur logisch – und völlig legitim.

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