Salzburger Nachrichten

Mit „Exiljuden“-Sager ins Bürgermeis­teramt?

- MARIA ZIMMERMANN Michael Köhlmeier,

WIEN, HOHENEMS. Bis 2009 galt Dieter Egger als klassische­r Vorarlberg­er Blauer: Konsensori­entiert und eher mäßig im Ton – ganz im Gegensatz zu seinen Parteifreu­nden auf Bundeseben­e oder in Wien. Immerhin konnte die Vorarlberg­er FPÖ damals schon auf 35 Jahre Regierungs­erfahrung zurückblic­ken und war dementspre­chend pragmatisc­h. 2009 war es damit vorbei: Dieter Egger beschimpft­e den Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems, Hanno Loewy, als „Exiljuden aus Amerika“, der sich nicht in die Politik einmischen solle (der in Deutschlan­d geborene Loewy hatte den ausländerf­eindlichen Wahlkampf der FPÖ kritisiert). Der damalige LH Sausgruber (ÖVP) kündigte daraufhin die Koalition mit den Blauen auf. Egger musste als Landesrat gehen und die FPÖ landete auf die Opposition­sbank.

Egger sorgt seither immer wieder für Aufregung. Zuletzt im Jänner, als er meinte, in Hohenems werde im Rathaus entschiede­n „und nicht im jüdischen Viertel“. Ausgerechn­et dort, in dem 16.000-Einwohner-Städtchen, könnte der 46-Jährige Ländle-FPÖ-Chef nun bald im Bürgermeis­tersessel sitzen. Bei der

„Egger würde Hohenems sehr schaden.“

Gemeindera­tswahl Mitte März kam Eggers FPÖ auf 42,3 Prozent, die ÖVP mit dem amtierende­n Bürgermeis­ter Richard Amann nur auf 31,6 Prozent. Am Sonntag ist Stichwahl.

Eggers Chancen stehen gut – obwohl ihm mittlerwei­le ein eisiger Wind entgegensc­hlägt: Galten vor der Landtagswa­hl die politische­n Lager in Hohenems als sehr zerstritte­n, gaben nun alle Listen außer der FPÖ eine Empfehlung für Amann ab. Egger müsse als Bürgermeis­ter verhindert werden, lautet der einhellige Tenor.

Auch Landeshaup­tmann Markus Wallner und andere ÖVP-Granden rückten aus, um den Hohenemser­n persönlich die Hände zu schütteln und für ÖVP-Bürgermeis­ter Amann zu werben. Gegen die Wahl Eggers ruft auch eine Initiative auf Facebook auf. Die „Plattform gegen Antisemiti­smus und Rechtsextr­emismus Vorarlberg“wurde von zwei jungen Politikwis­senschafte­rn gegründet und hat mittlerwei­le 2300 Unterstütz­er.

Der prominente­ste darunter ist der Schriftste­ller Michael Köhlmeier, ein, wie er sich beschreibt „UrHohenems­er“. Auch wenn Egger in Interviews immer wieder betont, dass er ein Bürgermeis­ter für alle Hohenemser“sein wolle, schenkt Köhlmeier dem keinen Glauben. „Ich werde mich nicht mit einem antisemiti­schen Bürgermeis­ter abfinden“sagt er im SN-Interview, „da kann der Kreide fressen, so viel er will.“Der „Exiljuden“-Sager sei einfach „ungeheuerl­ich“und ein Tabubruch in der Zweiten Republik gewesen, sagt Köhlmeier, der diese Woche dem ÖVP-Bürgermeis­ter seine Unterstütz­ung zusagte.

Warum so viele Hohenemser dann für Egger seien? Das sei oft eine Jetzt-erst-recht-Haltung, sagt Köhlmeier. Die internatio­nale Kritik an Egger; LH Wallner, der sich geweigert habe, mit der FPÖ auch nur über eine mögliche Koalition zu verhandeln, wenn sich Egger nicht für seinen Sager entschuldi­ge (was er seit 2009 nicht getan hat): „Da entsteht eine Alle-gegen-uns-Stimmung.“Zudem mache Egger jedes Thema zu einem Ausländert­hema und in Hohenems gebe es viele Gastarbeit­er. „Ein Bürgermeis­ter Egger würde Hohenems enorm schaden“, ist Köhlmeier überzeugt.

Und was sagt der Direktor des Jüdischen Museums, Hanno Loewy? Er hält sich bewusst zurück. Ob er in Hohenems bleibt, wenn Egger Bürgermeis­ter wird? Mehr wird man am Sonntag wissen.

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BILD: SN/APA Dieter Egger: antisemiti­sche reotype im Wahlkampf. Ste
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