Mit „Exiljuden“-Sager ins Bürgermeisteramt?
WIEN, HOHENEMS. Bis 2009 galt Dieter Egger als klassischer Vorarlberger Blauer: Konsensorientiert und eher mäßig im Ton – ganz im Gegensatz zu seinen Parteifreunden auf Bundesebene oder in Wien. Immerhin konnte die Vorarlberger FPÖ damals schon auf 35 Jahre Regierungserfahrung zurückblicken und war dementsprechend pragmatisch. 2009 war es damit vorbei: Dieter Egger beschimpfte den Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems, Hanno Loewy, als „Exiljuden aus Amerika“, der sich nicht in die Politik einmischen solle (der in Deutschland geborene Loewy hatte den ausländerfeindlichen Wahlkampf der FPÖ kritisiert). Der damalige LH Sausgruber (ÖVP) kündigte daraufhin die Koalition mit den Blauen auf. Egger musste als Landesrat gehen und die FPÖ landete auf die Oppositionsbank.
Egger sorgt seither immer wieder für Aufregung. Zuletzt im Jänner, als er meinte, in Hohenems werde im Rathaus entschieden „und nicht im jüdischen Viertel“. Ausgerechnet dort, in dem 16.000-Einwohner-Städtchen, könnte der 46-Jährige Ländle-FPÖ-Chef nun bald im Bürgermeistersessel sitzen. Bei der
„Egger würde Hohenems sehr schaden.“
Gemeinderatswahl Mitte März kam Eggers FPÖ auf 42,3 Prozent, die ÖVP mit dem amtierenden Bürgermeister Richard Amann nur auf 31,6 Prozent. Am Sonntag ist Stichwahl.
Eggers Chancen stehen gut – obwohl ihm mittlerweile ein eisiger Wind entgegenschlägt: Galten vor der Landtagswahl die politischen Lager in Hohenems als sehr zerstritten, gaben nun alle Listen außer der FPÖ eine Empfehlung für Amann ab. Egger müsse als Bürgermeister verhindert werden, lautet der einhellige Tenor.
Auch Landeshauptmann Markus Wallner und andere ÖVP-Granden rückten aus, um den Hohenemsern persönlich die Hände zu schütteln und für ÖVP-Bürgermeister Amann zu werben. Gegen die Wahl Eggers ruft auch eine Initiative auf Facebook auf. Die „Plattform gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus Vorarlberg“wurde von zwei jungen Politikwissenschaftern gegründet und hat mittlerweile 2300 Unterstützer.
Der prominenteste darunter ist der Schriftsteller Michael Köhlmeier, ein, wie er sich beschreibt „UrHohenemser“. Auch wenn Egger in Interviews immer wieder betont, dass er ein Bürgermeister für alle Hohenemser“sein wolle, schenkt Köhlmeier dem keinen Glauben. „Ich werde mich nicht mit einem antisemitischen Bürgermeister abfinden“sagt er im SN-Interview, „da kann der Kreide fressen, so viel er will.“Der „Exiljuden“-Sager sei einfach „ungeheuerlich“und ein Tabubruch in der Zweiten Republik gewesen, sagt Köhlmeier, der diese Woche dem ÖVP-Bürgermeister seine Unterstützung zusagte.
Warum so viele Hohenemser dann für Egger seien? Das sei oft eine Jetzt-erst-recht-Haltung, sagt Köhlmeier. Die internationale Kritik an Egger; LH Wallner, der sich geweigert habe, mit der FPÖ auch nur über eine mögliche Koalition zu verhandeln, wenn sich Egger nicht für seinen Sager entschuldige (was er seit 2009 nicht getan hat): „Da entsteht eine Alle-gegen-uns-Stimmung.“Zudem mache Egger jedes Thema zu einem Ausländerthema und in Hohenems gebe es viele Gastarbeiter. „Ein Bürgermeister Egger würde Hohenems enorm schaden“, ist Köhlmeier überzeugt.
Und was sagt der Direktor des Jüdischen Museums, Hanno Loewy? Er hält sich bewusst zurück. Ob er in Hohenems bleibt, wenn Egger Bürgermeister wird? Mehr wird man am Sonntag wissen.