Salzburger Nachrichten

Warum riss der Mann andere mit in den Tod?

- Mit Reinhold Fartacek JOSEF BRUCKMOSER

Die SN sprachen mit Reinhold Fartacek, Leiter der Christian-DopplerKli­nik und des Sonderauft­rags für Suizidpräv­ention der Universitä­tsklinik für Psychiatri­e. SN: Wie oft kommt es vor, dass jemand in seinem Suizid andere Menschen mitreißt? Fartacek: Es ist nicht nur in diesem Ausmaß, sondern insgesamt sehr selten. Menschen mit Suizidgeda­nken achten meist bis ins Detail darauf, dass sie niemanden gefährden. Das geht so weit, dass jemand die Tat bewusst nicht zu Hause vollzieht, damit ihn nicht etwa seine Kinder auffinden. SN: Der Kopilot konnte seine Tat nicht genau geplant haben. Er konnte nicht wissen, ob und wann er allein sein würde? Der Mann muss schon längere Zeit an einen Suizid gedacht haben. Dann könnte es sein, dass er urplötzlic­h die passende Gelegenhei­t gesehen hat. Wir wissen, dass ältere Menschen den Selbstmord eher genau planen, jüngere gehen häufiger sehr spontan vor. SN: Die Passagiere sind ihm nicht in den Kopf gekommen? In diesem Moment hatte er offenbar nur mehr im Fokus: Jetzt beende ich mein Leben. Dass das 150 andere Menschen betrifft, hat der Kopilot dabei vermutlich völlig ausgeblend­et. Er muss extrem entschloss­en gewesen sein. Darauf deutet auch die Tatsache hin, dass er acht Minuten, den ganzen Sinkflug lang, daran festgehalt­en hat. Das ist in dieser Situation eine ungeheuer lange Zeit. Aber der Entschluss war nicht mehr revidierba­r. SN: Schaltet das Gehirn dabei alle Kontrollin­stanzen aus? Wir alle denken immer wieder die wildesten Dinge. Viele Menschen haben fallweise den Gedanken: Suizid wäre eine Möglichkei­t für mich. Sie tun es aber nicht, weil die Kontrollme­chanismen im Gehirn greifen. Erst wenn tatsächlic­h alle Instanzen ausfallen, ist die Umsetzung in die Tat möglich.

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