Warum riss der Mann andere mit in den Tod?
Die SN sprachen mit Reinhold Fartacek, Leiter der Christian-DopplerKlinik und des Sonderauftrags für Suizidprävention der Universitätsklinik für Psychiatrie. SN: Wie oft kommt es vor, dass jemand in seinem Suizid andere Menschen mitreißt? Fartacek: Es ist nicht nur in diesem Ausmaß, sondern insgesamt sehr selten. Menschen mit Suizidgedanken achten meist bis ins Detail darauf, dass sie niemanden gefährden. Das geht so weit, dass jemand die Tat bewusst nicht zu Hause vollzieht, damit ihn nicht etwa seine Kinder auffinden. SN: Der Kopilot konnte seine Tat nicht genau geplant haben. Er konnte nicht wissen, ob und wann er allein sein würde? Der Mann muss schon längere Zeit an einen Suizid gedacht haben. Dann könnte es sein, dass er urplötzlich die passende Gelegenheit gesehen hat. Wir wissen, dass ältere Menschen den Selbstmord eher genau planen, jüngere gehen häufiger sehr spontan vor. SN: Die Passagiere sind ihm nicht in den Kopf gekommen? In diesem Moment hatte er offenbar nur mehr im Fokus: Jetzt beende ich mein Leben. Dass das 150 andere Menschen betrifft, hat der Kopilot dabei vermutlich völlig ausgeblendet. Er muss extrem entschlossen gewesen sein. Darauf deutet auch die Tatsache hin, dass er acht Minuten, den ganzen Sinkflug lang, daran festgehalten hat. Das ist in dieser Situation eine ungeheuer lange Zeit. Aber der Entschluss war nicht mehr revidierbar. SN: Schaltet das Gehirn dabei alle Kontrollinstanzen aus? Wir alle denken immer wieder die wildesten Dinge. Viele Menschen haben fallweise den Gedanken: Suizid wäre eine Möglichkeit für mich. Sie tun es aber nicht, weil die Kontrollmechanismen im Gehirn greifen. Erst wenn tatsächlich alle Instanzen ausfallen, ist die Umsetzung in die Tat möglich.