Das letzte Wort ist noch lang nicht gesprochen
Selbst wenn das italienische Höchstgericht im Studentinnenmord von Perugia das Urteil bestätigt: Was geschieht mit Amanda Knox?
Kann der Mord an einer 21jährigen Britin in einer Studentenwohnung 2007 im italienischen Perugia als geklärt gelten? Während der römische Kassationsgerichtshof am Donnerstag noch darüber beriet, ob der Schuldspruch für die Amerikanerin Amanda Knox (27) und für ihren damaligen italienischen Freund Raffaele Sollecito (30) aufrechtzuerhalten sei und die Haftstrafen von 28 Jahren und sechs Monaten bzw. 25 Jahren bestätigt werden sollten, stellten sich Fragen über die möglichen Konsequenzen des Urteils: vor allem dann, wenn es rechtskräftig werden sollte.
Wegen eines Auslieferungsabkommens zwischen den USA und Italien wären die Amerikaner zwar theoretisch verpflichtet, Knox zu überstellen; sie war ja nach ihrem Freispruch im Berufungsverfahren 2011 in die USA zurückgekehrt. Sollecito ginge wohl gleich ins Gefängnis. Aber: In der Praxis gibt es häufig Ausnahmen, wenn es um Auslieferungen geht. Auch widerspricht eine zweimalige Anklage für dasselbe Vergehen der US-Verfassung. Darauf könnten sich die Amerikaner berufen, während man in Italien sagen werde, ein Urteil werde erst nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel endgültig. Außerdem muss eine „ausreichende Grundlage“gegeben sein, die vermuten lässt, dass der oder die Betreffende die Straftat tatsächlich begangen hat. Im Fall Knox gab es mehrere Wendungen: zuerst Schuldspruch, dann Freispruch, dann wieder Schuldspruch, noch dazu in Abwesenheit der Amerikanerin, was in der US-Justiz Kopfschütteln auslöste. Auch politische Umstände könnten eine Rolle spielen. Selbst ein mögliches diplomatisches Zerwürfnis wäre nicht auszuschließen – ebenso wenig die Möglichkeit, dass Knox die Haft in den USA absitzen könnte.