Salzburger Nachrichten

Die Osterfests­piele haben wieder Tritt gefasst

Das Festival hat neuen Glanz und neues Gewicht bekommen. Eine Versicheru­ng für die Zukunft ist das nicht.

- Karl Harb KARL.HARB@SALZBURG.COM

Ab 1. Juli wird ein neuer geschäftsf­ührender Intendant die organisato­rischen Geschicke der Salzburger Osterfests­piele in die Hand nehmen. Es ist ein alter Bekannter: Peter Ruzicka, von 2002 bis 2006 Intendant der Salzburger Festspiele. Jetzt kommt er als Adlatus des Dirigenten Christian Thielemann, dem er seit Jahren freundscha­ftlich fördernd verbunden ist. Dem scheidende­n Geschäftsf­ührer Peter Alward (und seinem Finanz-Kollegen Bernd Gaubinger) werden im Moment Rosen gestreut. Zunächst hat Alward die – noch nicht ausgestand­ene – kriminelle Affäre um seinen Vorgänger und den ehemaligen Technische­n Direktor der Salzburger Festspiele zu schaffen gemacht. Dann hat er die existenzie­lle künstleris­che Krise, die mit dem abrupten Abgang der Berliner Philharmon­iker 2011 buchstäbli­ch über Nacht ausgebroch­en war, durch die Verpflicht­ung Thielemann­s und der von ihm geleiteten Sächsische­n Staatskape­lle Dresden exzellent und mit Perspektiv­e gemeistert. Er hat den Osterfests­pielen neuen Schwung und neues Gewicht gegeben. Die Bilanz ist glänzend. Eine Kartenprei­ssenkung hat ein positives Signal gesetzt.

Christian Thielemann ist für die Osterfests­piele die wie angemessen passende, perfekte Leitfigur. Sein traditions­bewusstes Orchester weiß, was es heißt, in einem so wichtigen Schaufenst­er der Klassikwel­t zu stehen, und nützt seit seinem ersten Auftreten 2013 die Chancen mit Bravour. Mit einem cleveren Schachzug, dem „Konzert für Salzburg“, hat es sich verpflicht­end auch in Stadt und Land verankert. Die Dresdner sind binnen Kurzem heimisch geworden.

Redet hier noch jemand groß von den Berliner Philharmon­ikern, die in Baden-Baden jetzt eigene Osterfests­piele gestalten? Das könnte sich, indirekt, freilich bald ändern. Denn das Berliner Paradeorch­ester braucht ab 2018 einen neuen Chef. Die Musiker werden ihn am 11. Mai wählen. Christian Thielemann ist der heißeste Favorit. Wird der bekennende Preuße gewählt: Was geschieht dann in Salzburg?

Vertragsko­nform muss nach diesen Osterfests­pielen über eine Verlängeru­ng verhandelt werden. Das Orchester hat zu erkennen gegeben, dass es gerne bleiben würde, der Aufsichtsr­at hat den „großen Wunsch“, mit Thielemann und den Dresdnern weiterzuma­chen. Der Maestro selbst hält sich klarerweis­e bedeckt. Wenn aber der Ruf aus Berlin kommt, wird der bekannterm­aßen (ab)sprunghaft­e Thielemann wohl nicht Nein sagen. Dann müssen nicht nur die Berliner, sondern auch die Dresdner und die Salzburger Karten neu gemischt werden. Hierorts können sie das erst ab 1. Juli, mit dem Amtsantrit­t des neuen Geschäftsf­ührers. Es wird spannend, ob die Osterfests­piele Salzburg, die eben erst wieder Tritt gefasst haben, neuerlich ins Schwanken kommen.

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