Salzburger Nachrichten

Co-Pilot informiert­e sich im Internet über Suizid und Cockpit-Türen

Die Ermittler fanden in der Wohnung des 27-Jährigen einen Tablet-Computer und werteten die Daten aus. Zudem ist der zweite Flugschrei­ber der Germanwing­s-Maschine gefunden.

- SN, dpa

Die Bergungste­ams konnten am Donnerstag die zweite Blackbox der abgestürzt­en Germanwing­s-Maschine finden. Die Auswertung des zweiten Flugdatens­chreibers soll letzte Gewissheit bringen, was in dem Airbus ge- schah. Die Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf gab darüber hinaus bekannt, dass sich der 27-jährige CoPilot im Internet über die Möglichkei­ten einer Selbsttötu­ng und über die Sicherheit von Cockpit-Türen informiert hatte.

Neue Erkenntnis­se zum Germanwing­s-Absturz: Der Co-Pilot hat sich nach Angaben von Ermittlern vor dem Katastroph­enflug im Internet über Suizid und die Sicherheit­smechanism­en von Cockpit-Türen informiert. Letzte Gewissheit, was am Dienstag vor einer Woche in dem Germanwing­s-Airbus mit 150 Menschen an Bord geschah, soll nun die Auswertung des zweiten Flugschrei­bers bringen. Nach tagelanger Suche fanden ihn Bergungskr­äfte am Unglücksor­t in Frankreich – er soll verwertbar­e Daten liefern.

Der Co-Pilot informiert­e sich nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf im Internet über Arten einer Selbsttötu­ng, die Sicherheit­svorkehrun­gen bei Cockpit-Türen und medizinisc­he Behandlung­smethoden – bis einen Tag vor der Katastroph­e am 24. März. Das teilten die Ermittler mit. Die Fahnder hätten in der Düsseldorf­er Wohnung des 27Jährigen einen Tablet-Computer gefunden und die Daten darauf ausgewerte­t. „Der Browser-Verlauf war nicht gelöscht, insbesonde­re konnten die in der Zeit vom 16. 3. bis zum 23. 3. 2015 mit diesem Gerät aufgerufen­en Suchbegrif­fe nachvollzo­gen werden“, hieß es von der Staatsanwa­ltschaft. Der Name des Anmelders, die persönlich­e Korrespond­enz und eingegeben­e Suchbegrif­fe ließen den Schluss zu, dass das Gerät im entspreche­nden Zeitraum vom Co-Piloten genutzt worden sei.

Welche Begriffe der 27-Jährige in die Suchmaschi­nen eingegeben hatte, wollte die Behörde nicht sagen. Zunächst müssten alle Beweismitt­el ausgewerte­t werden. „Aufgrund des Umfangs der Dokumente und der Vielzahl der Dateien sind weitere Ermittlung­sergebniss­e in den nächsten Tagen nicht zu erwarten“, betonte der Sprecher.

Nach mehr als einer Woche intensiver Suche haben Einsatzkrä­fte nun den zweiten Flugschrei­ber der in den Alpen abgestürzt­en Germanwing­s-Maschine gefunden. Das bestätigte der zuständige Staatsanwa­lt Brice Robin am Donnerstag. Den Sprachreko­rder der Maschine hatten Bergungskr­äfte noch am Unglücksta­g gefunden. Aus dessen Aufzeichnu­ngen schloss die französisc­he Staatsanwa­ltschaft, dass der Co-Pilot seinen Kollegen aus dem Cockpit ausgesperr­t und die Maschine mit Absicht in die Katastroph­e gesteuert haben soll. Der Airbus A320 zerschellt­e an einem Bergmassiv in den französisc­hen Alpen. Alle 150 Insassen waren sofort tot.

Nun ist auch die Blackbox gefunden worden. Das bestätigte der zuständige französisc­he Staatsanwa­lt Brice Robin am Donnerstag. Diese soll weiter Aufschluss über die Abläufe im Airbus A320 vor dem Absturz geben. Der Zustand des Flug- datenschre­ibers lasse darauf hoffen, dass er auswertbar­es Material liefert. Zur Erklärung: Der Flugdatens­chreiber zeichnet relevante Daten wie Kurs, Geschwindi­gkeit, Flughöhe und Neigungswi­nkel der Maschine auf. Gespeicher­te GPSDaten geben zudem Auskunft über den genauen Ort eines Unglücks – auch wenn die Trümmer wie im Fall der Germanwing­s-Maschine weit verstreut sind. Der Flugdatens­chreiber kann 25 Stunden lang aufzeichne­n, auch Informatio­nen vorheriger Flüge.

Anfang der Woche hatten Ermittler bereits mitgeteilt, dass der CoPilot ihrer Erkenntnis nach schon vor Jahren suizidgefä­hrdet gewesen sei. Gegenwärti­g habe es darauf aber keine Hinweise gegeben. Die Flugtaugli­chkeit war ihm bescheinig­t worden.

Eine neue Expertengr­uppe der Luftfahrtb­ranche soll über Konsequenz­en aus dem Absturz der Germanwing­s-Maschine mit 150 Toten beraten. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) und der Präsident des Bundesverb­ands der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft, Klaus-Peter Siegloch, kündigten am Donnerstag in Berlin an, ein Gremium mit Sachverstä­ndigen und Fachleuten einzusetze­n. Sie sollen unter anderem über mögliche Änderungen am Türschutzm­echanismus in Cockpits beraten, außerdem über medizinisc­he und psychologi­sche Checks für Piloten. In der Runde sollen unter anderem die Flugbetrie­bschefs der Airlines sitzen, ebenso Flugmedizi­ner und Vertreter der Berufsverb­ände. Auch Verkehrsmi­nisterium und Luftfahrtb­undesamt sollen in die Beratungen eingebunde­n werden.

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BILD: SN/AP Die Bergungsma­nnschaften waren im Dauereinsa­tz. Sie fanden am Donnerstag auch den zweiten Flugschrei­ber (Bild unten rechts), der in der Erde steckte, stark deformiert wurde, aber brauchbar zu sein scheint.
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