Wie gebildet Zuwanderer sind
Das Bildungsniveau der Ausländer in Österreich hat sich stark verändert. Auffallend viele haben studiert, aber auch sehr viele nur die Pflichtschule absolviert.
Bildungs(EU)bürger .
. WIEN. Dass die meisten Zuwanderer seit einer Reihe von Jahren aus EULändern kommen, hat das steigende durchschnittliche Bildungsniveau in Österreich zusätzlich erhöht. Das geht aus der eben eingetroffenen Antwort von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf eine parlamentarische Anfrage der Freiheitlichen hervor. Sie hat allerdings eine Unwägbarkeit: Die entsprechenden Analysen reichen vorerst bis Ende 2013. Die Untersuchung, wie sich die seit Anfang 2014 mögliche unbegrenzte Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren auswirkte, liegt noch nicht vor.
Kurz beruft sich in seiner Antwort auf die Auswertung der 2013er-Daten über den Bildungsstand der in- und ausländischen Bevölkerung im Alter zwischen 25 und 64 Jahren durch die Statistik Austria. Und auf den Demografen Rainer Münz, der gesondert das Bildungsniveau der zugewanderten EU-Bürger analysierte. Demnach hatten 2013 von allen in Österreich lebenden Ausländern und Bürgern mit ausländischen Wurzeln 35 Prozent Matura oder einen akademi- schen Titel, wobei von den EU-Bürgern annähernd 50 Prozent auf dieses Bildungsniveau kamen – von den Einheimischen aber nur 30 Prozent. 21 Prozent aller Zugewanderten (plus Eingebürgerten) verfügten über einen Universitäts-, Fachhochschul- oder Akademie-Abschluss – in der Gruppe der EU-Zuwanderer waren es aber 26,3 Prozent gegenüber nur 15,6 Prozent in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund.
Generell ist das Bildungsniveau in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen: 57,4 Prozent der Einheimischen verfügten 1971 nur über einen Pflichtschulabschluss, bis 1991 sank dieser Anteil auf 32,2 Prozent, um 2013 mit 13,7 Prozent einen – vorläufigen – Tiefpunkt zu erreichen. Zugleich kletterten immer mehr Inländer die Bildungsleiter hinauf. Hatten 1971 nur 5,9 Prozent der Österreicher im Alter zwischen 25 und 64 Jahren Matura und weitere 2,8 Prozent einen Hochschulabschluss, stiegen diese Anteile bis 1991 auf 9,3 (Matura) und 6,8 Prozent (Universität). 2013 lagen sie bei 14,8 (Matura) und 15,6 Prozent (akademischer Abschluss).
Bei den Zuwanderern sah die Entwicklung so aus: Mehr als zwei Drittel (69,2%) konnten 1971 lediglich vorweisen, die Pflichtschule absolviert zu haben, bis 1991 sank der Anteil der am niedrigsten Qualifizierten eher langsam auf 58,6 Prozent, um sich bis 2013 auf 27,9 Prozent mehr als zu halbieren. Matura hatten 1971 bereits 9,3 Prozent der Zuwanderer, weitere 2,2 Prozent ei- nen akademischen Abschluss. Bis 1991 wuchs der Anteil der am höchsten Gebildeten auf 10,4 und 8,3 Prozent, um dann bis 2013 auf 17,1 (Matura) und 21 Prozent (Hochschulabschluss) zu schnellen.
Diese starken Veränderungen am obersten Ende der Bildungsskala erklären sich klar mit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 und dem einige Jahre später einsetzenden starken und sich nach wie vor steigernden Zustrom von EU-Bürgern – vor allem von Deutschen, die längst die größte Ausländergruppe bilden. 2013 hatten 23,7 Prozent der zuge- wanderten EU-Bürger Matura, weitere 26,3 Prozent einen Hochschulabschluss. Dem Nutzen, der Österreich entsteht, sind allerdings Grenzen gesetzt. Denn, darauf wies schon Münz hin: Bei vielen handelt es sich um Studierende. Der Großteil von ihnen neigt dazu, Österreich nach der Uni wieder zu verlassen.
Insgesamt zeigen die bisher vorliegenden Untersuchungen: Obwohl sich der Bildungsstand durch die neue Struktur der Zuwanderer besonders im vergangenen Jahrzehnt massiv geändert hat, ist er nach wie vor von starken Brüchen geprägt: Im Gegensatz zu den Österreichern waren 2013 überproportional viele Zuwanderer in der niedrigsten, zugleich aber auch überproportional viele in der höchsten Bildungsschicht vertreten. Bei den Österreichern fand sich die Mehrheit (55,8 Prozent) im mittleren Bildungssegment, das heißt: Sie hatten eine Lehre oder eine berufsbildende mittlere Schule abgeschlossen. Unter den Zuwanderern und Österreichern mit ausländischen Wurzeln lag dieser Anteil bei 34 Prozent.