Serbien sitzt in einer politischen Zwickmühle
Belgrad zielt auf einen EU-Beitritt, möchte aber seine starken Beziehungen zu Putins Russland nicht aufgeben.
Serbien ist näher an die NATO gerückt. In Brüssel hat das Land mit dem Nordatlantikpakt einen „Individuellen Aktionsplan zur Partnerschaft“vereinbart. Der serbische Außenminister Ivica Dacic betonte, dies bedeute keineswegs eine Mitgliedschaft in der NATO – „aber die Aufnahme einer Kooperation auf höchstem Niveau“. Serbien geht damit auf die Atlantische Allianz zu, es macht aber zugleich klar, dass es kein Mitglied sein will. In Belgrad ist das schwere NATO-Bombardement von 1999 wegen des Kosovokriegs unvergessen.
Serbien übt sich also in einer schwierigen Rolle. Im Jänner hat es den zwölfmonatigen Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernommen. Die OSZE überwacht den Waffenstillstand in der Ukraine; sie soll vermitteln zwischen Kiew und den Separatisten im Osten des Landes, die von Russland unterstützt werden. Serbien verfügt über gute Beziehungen zu Moskau und betrachtet sich gerade deswegen als passenden Makler in diesem Konflikt. Der Draht nach Moskau sei „sicher kein Hindernis“, versicherte Außenminister Ivica Dacic in Belgrad. Im Gegenteil, die Bezie- hungen könnten Serbien dabei helfen, die Lage zu deeskalieren.
Sicher ist, dass Belgrad seine Beziehungen zu Russland pflegt. Im Herbst 2014 war Präsident Wladimir Putin Ehrengast einer Militär- parade in Belgrad; Serbien nimmt auch dieses Jahr an Militärmanövern mit Russland teil. Die EUSanktionen gegen Moskau hat das Land nicht übernommen. Laut Bosko Jaksic, Kommentator der regierungsnahen Tageszeitung „Politika“, erklären Wissenschafter und Ex-Militärs sogar, „dass die EU nichts für Serbien ist, sondern dass unser Platz in einer Euro-Asiatischen Föderation ist, zusammen mit unseren slawischen und orthodoxen Brüdern“.
Seitdem Russland den Bau der Gaspipeline South Stream gestoppt hat, die durch Serbien führen sollte, ist ein Streitpunkt mit der EU aus der Welt geschafft worden. Es bleibt die Abhängigkeit Serbiens von russischem Gas, aus der sich Premier Aleksandar Vucic allerdings befreien möchte: Er hat mit US-Vizepräsident Joe Biden über amerikanische Lieferungen verhandelt, was den russischen Fernsehsender Russia Today zu wütender Kritik veranlasste. Der regierungsnahe Kanal empörte sich auch darüber, dass Belgrad den britischen Ex-Premier Tony Blair als Berater beschäftigt. Dieser hatte sich 1999 für das NATO-Bombardement eingesetzt. Blair könnte jetzt aber Serbien mit seinen Kontakten den Weg in die EU erleichtern.