Die Musik von Bach setzt neue Energien frei
Die Salzburger Bachgesellschaft sammelt frische Kräfte, die evangelische Superintendenz hat einen Kantor bestellt.
Bach, Passion und Ostern sind ebensolche Synonyme wie Mozart und Kleine Nachtmusik oder Johann Strauß und der Donauwalzer. Schön, dass Musiker und Veranstalter oft triftige Gründe haben, mehr als nur Traditionen zu bedienen. Die Salzburger Bachgesellschaft hat sich für die vorösterliche Aufführung der Johannes-Passion auf eine Zusammenarbeit mit der Abteilung für Alte Musik an der Universität Mozarteum eingelassen, das ambitionierte Originalklang-Orchester um Kräfte des Royal College of Music in London erweitert und sein hauseigenes, wie immer verlässliches Collegium vocale beigesteuert.
Am Donnerstag hörte man in der ausverkauften Großen Aula unter der Leitung des Gambisten Vittorio Ghielmi eine fallweise noch etwas schulmeisterliche, im Gesamtentwurf aber doch auch entschieden eigenwillige Interpretation. Sie setzte auf eine durchaus modern anmutende, plastisch herausgearbeitete, schnell geschnittene Dramatik, die vor allem den TurbaChören kunstvolle Wirkung gab, auch die Choräle nie gleichförmig, sondern nach ihrem Sinngehalt gestaltete. Im Orchester versuchte Ghielmi sprechende rhetorische Figuren ausarbeiten zu lassen, mit sorgsamen Soli, die Rezitative wurden vom Continuo mit farbigen, aber nie überzeichneten klangsprachlichen Akzenten versehen.
Dass die jungen Vokalsolisten, insbesondere Sopran und Alt, noch nicht frei genug agierten, war vielleicht auch einer gewissen Grundnervosität geschuldet. Gefallen haben der leichte Tenor von Aco Bišcevic, der hell-geschmeidige Bass Matthias Azesberger und vor allem der herausragend textverständlich und so sinnhaft wie sinnlich erzählende Evangelist von Alexander Hüttner, der dem ganzen Abend die intelligente Grundspannung gab. Die Jesusworte von Alexander Voronov hatten vor allem profunde Tiefe. – Wie immer diese institutionelle Oratorienpflege auch weitergehen mag: Ein interessanter Grundstein ist mit dem Projekt auf alle Fälle gelegt.
Große Projekte hat übrigens auch die evangelische Kirche in Salzburg und Tirol vor. Die Superintendenz hat erstmals die Stelle eines Diözesankantors besetzt, und der junge, aus Braunschweig stammende Kirchenmusiker, Organist und Komponist Gordon Safari hat gleich Gewaltiges vor. In sieben Jahren sollen – gleichsam als Spitze der kirchenmusikalischen Basisarbeit in den Gemeinden, dem Aufbau einer Kantorei und einer „Kleinen Cantorey“mit Kindern von fünf bis 16 Jahren – alle Kantaten und Vokalwerke Bachs mit eigenen Ensembles erarbeitet werden.
BWV heißt das Großprojekt, das am 26. April in der Christuskirche startet, doch statt des Bach-WerkeVerzeichnisses wird damit das Bach Werk Vocal abgekürzt. Das Ensemble BWV wird von der „B@roque B@nd“unterstützt. Die ersten vier Termine bis Juli sind fixiert.
Als Organist will Gordon Safari mit einem monatlichen „Orgelpunkt“auch hinausgehen an andere Orte und ins Land, und jeden Donnerstag gibt es in der Evangelischen Christuskirche um „11 Uhr 11“20 Minuten Orgelmusik und einen „geistlichen Impuls“– zum Besten einer neuen Orgel. Bach total: Man darf gespannt sein.