135 Gemeinden ohne Wappen
Nebenaspekt der politisch umstrittenen steirischen Gemeindestrukturreform: Auf die Experten der Wappenkunde kommt viel Arbeit zu. Neue Hoheitszeichen sind gefragt.
GRAZ. Die Landkarte der Steiermark hat sich massiv verändert. Gab es 2010 noch 542 Gemeinden, so hat sich diese Zahl mittlerweile auf 287 reduziert. 385 Gemeinden waren insgesamt von der Reform betroffen, in all diesen Kommunen sind die bestehenden Wappen erloschen. Nun, nachdem die Gemeinderatswahl über die Bühne gegangen ist und sich die neuen Gemeinderäte zu konstituieren beginnen, ist die steirische Kommunalheraldik gefordert. „Auf uns wartet viel Arbeit“, sagt Gernot Obersteiner vom Steiermärkischen Landesarchiv. Konkret: 135 Gemeinden brauchen ein neues Wappen
In manchen Fällen bietet sich an, das traditionsreiche Stadtoder Marktwappen als übergreifendes Symbol einer neuen Fusionsgemeinde auszuwählen. Haben sich zwei Gemeinden zusammengeschlossen, kann das Motto „Aus zwei mach eins“lauten. Ein Beispiel: Die Gemeinde Buch-Geiseldorf hatte bislang goldene Buchenblätter auf einem roten Schild, St. Magdalena am Lemberg wiederum ein silbernes Salbgefäß auf rotem Grund, umgeben von einem Innenbord mit grünen Kleeblättern. Das Wappen der neuen Gemeinde Buch-St. Magdalena sieht so aus: Im Zentrum ein rotes Salbgefäß auf goldenem Schild, welches von goldenen Buchenblättern auf einem roten Innenbord gerahmt wird. In Bälde werden die wappenlos gewordenen Gemeinden Anträge auf neue Hoheitszeichen stellen. „Es gibt in der Steiermark strenge Regeln, die befolgt werden müssen“, betont Gernot Obersteiner.
So sind etwa die Farben Rot, Blau, Grün und Schwarz vorgesehen, zudem die Metalle Gold und Silber und ein farbneutrales Pelzwerk wie zum Beispiel Hermelin. „Farbe darf nur auf Metall, Metall nur auf Farbe zu liegen kommen, ja einzelne Farben dürfen einander nicht einmal berühren“, berichtet der HeraldikExperte. Für ihn zählen die steirischen Gemeindewappen zu den schönsten in Mitteleuropa. Ein gutes Wappen unterscheide sich deutlich von einem simplen Emblem.
Heikel wird die Diskussion über das Wappen sicher in jenen Fällen, wo in Zukunft – wie etwa im Fall der oststeirischen Gemeinde Gnas – zehn Gemeinden eine neue Gemeinde bilden: „Wir raten dazu, das älteste, traditionsreichste Wappen auszuwählen.“Die mittlerweile erloschenen anderen Gemeindewappen können laut Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen als Ortsteilwappen weitergeführt werden. Hier schlägt der Experte aber eine deutliche grafische Unterscheidung vor, um nicht Verwirrung zu stiften: „Das offizielle Wappen sollte auf einem Wappenschild dargestellt werden, die Ortsteilwappen auf Rechtecken.“
Für Gernot Obersteiner ist es wichtig, dass die Wappen Klarheit ausstrahlen, nicht überladen sind: Das Integrieren von Motiven aus sechs verschiedenen Gemeinden kommt deshalb etwa nicht infrage. Wird bei Fusionsgemeinden keine Einigung erzielt, kann auch ein ganz neues Wappen kreiert werden. Das Motiv sollte freilich eng mit der Kommune in Verbindung stehen. Neben architektonischen Motiven bieten sich etwa auch Tiere oder Blumen an: „Der Auerhahn der Gemeinde Bretstein verweist auf die hohe Population dieser Tiere vor Ort. Und Großsteinbach führt im Wappen die nur ganz selten vorkommende Schachblume.“
Inhaltlich werden die Wappen oft von der Landesheraldik entworfen, für die grafische Umsetzung wird die Künstlerin Sabine Stremitzer empfohlen. Wann alle 287 steirischen Gemeinden ein offizielles Wappen haben werden? Gernot Obersteiner: „Das kann schon noch ein paar Jahre dauern. In einigen Fällen ist mit langen Diskussionen zu rechnen.“