Salzburger Nachrichten

Wiens Aus für Automaten hält

Der Verfassung­sgerichtsh­of hat die Klage der Betreiber abgewiesen. Gezockt wird weiter.

- Andreas Kreutzer, Marktforsc­her SN-mg, APA

Der juristisch­e Streit um das Aus für Glücksspie­lautomaten in Wien ist beendet. Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) hat am Donnerstag die Beschwerde­n von Automatenb­etreibern gegen das seit Jahresende geltende Verbot von solchen Geräten außerhalb von Casinos abgewiesen. Das Ende der Bewilligun­gen in Wien sei nicht verfassung­swidrig, stellten die Verfassung­srichter fest. Die Vorgangswe­ise sei im Interesse des Spielersch­utzes gerechtfer­tigt, die Erwerbsfre­iheit sei nicht verletzt und auch der Vertrauens­schutz gewahrt worden, weil es eine vierjährig­e Übergangsf­rist gegeben habe. Das 2010 novelliert­e Glücksspie­lgesetz sah eine Übergangsz­eit bis Ende 2014 vor, bis zu der die Bundesländ­er das Kleine Glücksspie­l neu regeln konnten. Verzichtet­en sie – wie Wien – darauf, liefen die Lizenzen aus.

Die Automatenb­etreiber, allen voran der Glücksspie­lkonzern Novomatic, der bis zum Verbot 1500 der insgesamt 2700 Geräte in Wien betrieben hatte, sind wenig begeistert vom VfGH-Spruch. „Unsere Juristen werden die Sache sorgfältig prüfen“, sagte ein Novomatic-Sprecher. In Österreich ist der Rechts- weg ausgeschöp­ft, möglich wäre nur der Gang zum Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH). Helmut Kafka vom Automatenv­erband erwartet, dass viele Zocker-Salons und einige Gastbetrie­be zusperren werden, weil die Zusatzeinn­ahmen von den Automaten fehlen. Auch viele Sportwette­nsalons, die weiter erlaubt sind, seien ohne Glücksspie­lautomaten nicht rentabel, sagt er.

Zum Verschwind­en bringt das Verbot die Spielautom­aten in der Bundeshaup­tstadt nicht. Im Casino in der Kärntner Straße stehen legal mehr als 200 Spielgerät­e. Für sie gilt das Verbot nicht, weil es dort den gesetzlich vorgeschri­ebenen Spielersch­utz durch Zutrittsko­ntrollen gibt. Zwei weitere Spielcasin­os – eines im Prater und eines im Palais Schwarzenb­erg – mit Automaten sind geplant. Die Konzession­en hängen noch beim Bundesverw­altungsger­icht, weil die Casinos Aus- tria AG die Vergabe an zwei Konkurrent­en beeinspruc­ht hat.

Theoretisc­h dürften die Casinos Austria in Wien auch spezielle Automatens­alons mit „Video-LotterieTe­rminals“einrichten. Die Lotterieli­zenz berechtigt den Konzern dazu. In Bundesländ­ern wie Salzburg oder Tirol, in denen Glücksspie­lautomaten verboten sind, gibt es sie. 2011, als die Diskussion um das Automatenv­erbot in Wien begann, hatte der scheidende LotterienC­hef Friedrich Stickler aber versproche­n, auf solche WinWin-Outlets zu verzichten, sollte die Stadtregie­rung Automaten verbannen.

Nach Schätzunge­n aus dem Finanzmini­sterium gibt es derzeit noch „unter 50 illegale Automaten“in Wien, derer die Finanzpoli­zei noch nicht habhaft geworden ist. Seit Jahresbegi­nn wurde streng kontrollie­rt und in vielen Fällen wurden Geräte beschlagna­hmt.

Andreas Kreutzer von der Marktforsc­hungsfirma Kreutzer Fischer & Partner glaubt trotz Verbots und Razzien nicht, dass die typischen kleinen Spielsalon­s, die in einkommens­schwachen Bezirken ganze Straßenzüg­e säumen, nun verschwind­en werden. „Die Kabäuschen werden zwar zugesperrt, aber das Wettlokal bleibt, das Café bleibt, das Publikum bleibt“, sagt er. Zudem stünden in den Salons Computer oder Tablets, über die online gespielt werden könne.

Die rot-grüne Wiener Stadtregie­rung war am Donnerstag „mehr als erfreut“, wie die zuständige Stadträtin Ulli Sima betonte. Nun sei die Rechtslage eindeutig, sie gehe also davon aus, dass die Debatte beendet sei. Der grüne Klubobmann David Ellensohn hofft „auf die Beispielwi­rkung für andere Bundesländ­er“. Politische Beobachter schließen nicht aus, dass die Causa nach den Wiener Gemeindera­tswahlen neu aufgerollt wird. Für die Stadt geht es um rund 50 Mill. Euro Einnahmen.

„Das Wettlokal bleibt, das Café bleibt, das Publikum bleibt.“

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BILD: SN/SABLIN - FOTOLIA Automaten sind für Spielsücht­ige besonders gefährlich.

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