Er war ein Held – aber nur für einen Tag
Rodrigues de Sá wird als millionster Gastarbeiter in Köln begrüßt und beschenkt.
SALZBURG. Das Bild des schüchternen Mannes mit dem übergroßen Hut ging am 10. September 1964 durch die Weltpresse. Armando Rodrigues de Sá, damals 38 Jahre alt, wurde auf dem Bahnhof in Köln-Deutz als millionster Gastarbeiter, der in die BRD kam, feierlich empfangen und beschenkt: mit einem Strauß Nelken, einer Urkunde und einem zweisitzigen Moped der Marke Zündapp, auf dem er sogleich für die zahlreich vorhandene Presse Platz nehmen musste. Zuvor war der Bauarbeiter aus Portugal in seiner Heimat täglich elf Kilometer mit dem Fahrrad zur Arbeit in eine Düngemittelfabrik gefahren.
Das Bild wurde zum Symbol des deutschen Wirtschaftswunders und sollte eine neue Offenheit zeigen. Denn Deutschland suchte damals in ganz Europa (vor allem billige) Arbeitskräfte. So schloss man Verträge mit Griechenland, Spanien, Italien, Jugoslawien und 1963 auch mit der Militärdiktatur in Portugal. 1100 Männer machten sich daraufhin in Lissabon auf eine dreitägige Zugfahrt nach Deutschland auf. Doch „das Land des Geldes“, wie Rodriguzes de Sá seine neue Hei- mat nannte, war auf die neue Situation ebenso wenig eingestellt wie die Gastarbeiter. „Man hat Arbeitskräfte gerufen und Menschen kamen“, schrieb der Schriftsteller Max Frisch treffend. Viele holten ihre Familien nach und ließen sich in einer fremden Kultur nieder. Bis zum Zuwanderungsstopp im Jahr 1973 kamen so 2,6 Millionen Gastarbeiter in die damalige BRD.
Doch was wurde aus dem einst umjubelten Portugiesen? Ihm brachte sein Arbeitseinsatz in Süddeutschland, wo er als Zimmermann gearbeitet hat, persönlich kein Glück. Sein Frau, die schon dagegen gewesen war, dass er nach Deutschland arbeiten ging, weigerte sich, mit den zwei Kindern nachzukommen. In Deutschland wurden seine Heiratsunterlagen nicht anerkannt, weswegen er steuerliche Nachteile hatte. So fuhr er 1973 zurück nach Portugal, um sich neue Papiere zu beschaffen. Von Schmerzen geplagt suchte er einen Arzt auf, der ihm riet, das milde Klima Portugals dem rauen in Deutschland vorzuziehen. Eine falsche Entscheidung, denn Rodrigues de Sá litt an einem unerkannten Tumor, an dem er 1979 in seinem portugiesischen Heimatdorf gestorben ist. Das war in Deutschland lang unbekannt. Seine Ersparnisse gingen für die Behandlung drauf. An ihn erinnert nur noch das Moped: Das steht heute im Deutschen Haus der Geschichte. Kurioses Detail am Rande: Gearbeitet hat der deutsche Held der Arbeit in Portugal nie mehr, er galt als arbeitsunfähig.