Vier Worte zeigen Störung der Psyche an
Ein, mein, sein und dein – diese vier Worte und das Messen elektrischer Hirnaktivitäten sollen die Diagnosen wesentlich erleichtern.
WIEN. Vier Worte lesen – das könnte zukünftig ausreichen, um bei Kindern und Erwachsenen Persönlichkeitsstörungen wie Schizophrenie oder Autismus besser zu diagnostizieren – und zwar dann, wenn gleichzeitig auch Hirnstromaktivitäten gemessen werden.
Für den klinischen Alltag wäre das eine enorme Erleichterung, sowohl für die Betroffenen als auch für die Mediziner, die dann gezielter helfen können. Das sagt der Leiter des Departments für Psychologie an der Webster Vienna Private University, Peter Walla. Er entwickelte das Verfahren in Zusammen- arbeit mit seiner deutschen Kollegin Cornelia Herbert von den Universitäten Tübingen und Würzburg.
Bereits beim Lesen einfacher Worte lassen elektrische Hirnaktivitäten eine für die Forscher deutliche Unterscheidung zwischen zwei Ebenen des Ichs erkennen.
Diese zwei Ebenen formen unsere Persönlichkeit, eben das Ich. Die Forscher vermuten, dass bei Persönlichkeitsstörungen unter Umständen nur eine dieser Ebenen betroffen ist. Grundlage der Arbeit ist die Beobachtung, dass die menschliche Persönlichkeit aus zwei als „Me1“und „Me2“bezeichneten Ebenen besteht. Diese lassen sich durch unterschiedliche Hirnaktivitäten nachweisen.
Die vier Worte „ein“, „mein“, „sein“und „dein“werden einer Per- son auf einem Computerschirm gezeigt und deren Hirnstromaktivität wird beim Lesen mittels Elektroenzephalographie (EEG) gemessen. Das EEG zeigt dann die elektrischen Hirnaktivitäten nach dem Lesen der Worte – die sich je nach Wort unterscheiden.
Schon nach 250 Millisekunden sind unterschiedliche Aktivitäten im Gehirn messbar. Wird das Wort „ein“gelesen, ist die Hirnstromaktivität deutlich anders als bei persönlichen Pronomen wie „mein“, „sein“und „dein“. Das – gesunde – Gehirn unterscheidet eindeutig zwischen allgemeiner und personenbezogener Information – auf der ersten Ich-Ebene.
Weitere 200 Millisekunden später unterscheidet sich die Hirnstromaktivität nach dem Lesen des Wortes „mein“stark von der nach allen anderen Worten.
„Zu diesem Zeitpunkt wird die zweite Ich-Ebene im Hirn aktiv. Das erlaubt uns, den Bezug einer Information für die eigene Person zu erkennen, wie zum Beispiel das bewusste Erleben von Gefühlen“, sagt Walla. Die Ergebnisse zeigen, welche Art von Wahrnehmungsstörung der Patient hat.
Das war bisher nicht so präzise und vor allem so schnell möglich. Walla: „Für Schizophrenie und Autismus beruhen die klassischen Diagnosen auf Befragungen. Diese sind gerade bei Kindern nicht sehr zuverlässig. Die Befragten können die beiden Ich-Ebenen nicht unterscheiden. Unsere Methode erlaubt nun eine objektive Untersuchung dieser beiden Persönlichkeitskomponenten. Damit stehen völlig neue Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.“
„Unser Ich hat mehrere Ebenen.“