Salzburger Nachrichten

Gutgläubig­e verirren sich in der Parallelwe­lt des Internets

Salzburgs Polizei ist jeden Tag mit mindestens einem neuen Fall an Internetbe­trug beschäftig­t. Manches Opfer glaubt hartnäckig an die vorgegauke­lte ehrliche Absicht von dreisten Ganoven. Statistik: Mehr Cybercrime

- Internetkr­iminalität

SALZBURG. Der Mann hat gut ausgesehen, jedenfalls der auf dem Foto. Der Kontakt kam über eine Flirtplatt­form zustande. Als das Treffen mit dem Herzensbre­cher bevorstand, schickte dieser an die verliebte Salzburger­in eine Nachricht: Er sei auf einer Geschäftsr­eise bestohlen worden, ob sie ihm nicht Geld für Heimfahrt und somit für das Date schicken möchte. Die Dame schickte, das Tête-à-Tête kam nie zustande und als sie bei der Polizei dann doch nachfragte, musste sie davon überzeugt werden, einem Betrüger aufgesesse­n zu sein.

Wolfgang Haim ist Polizist beim Salzburger Landeskrim­i- nalamt und befasst sich seit Jahren auch mit Fällen wie diesem.

Es ist ein vergleichs­weise harmloses Beispiel. Aber es zeigt, wie leicht die Falle Internet zuschnappe­n kann. Haim: „Viele Menschen verstehen die Parallelwe­lt Internet nicht. Wir sind eben für unsere Welt gebaut, die verstehen wir.“

Wer im Internet surft, tut dies oft in der vertrauten, sicheren Umgebung seines Heims. Instinkte wie Misstrauen werden da oft ausgeblend­et und von Gutgläubig­keit überlagert. Und das nutzen Betrüger skrupellos aus. Wohnungssu­chenden werden Unterkünft­e angeboten, die es nicht gibt. Von den online via Finanzdien­stleistern überwiesen­en Kautionen bekommen die Abgezockte­n nur selten etwas wieder.

Grenzenlos­e Naivität muss auch vorliegen, wer vermeintli­chen Mitarbeite­rn von SoftwareFi­rmen am Telefon Zugang zum privaten Computer gestattet, weil angeblich wichtige Aktualisie­rungen durchzufüh­ren seien. Das Opfer überweist dafür Geld, über einen unbemerkt installier­ten „Teamviewer“lesen die Täter die Zugangscod­es zur Online-Bankverbin­dung mit – und räumen das Konto dann leer.

83 Prozent der Österreich­er nutzen regelmäßig das Internet. Gefahr kann ihnen drohen, wenn sie vermeintli­ch echte Rechnungs-E-Mails ihrer Telefonanb­ieter öffnen und dadurch Viren und andere Schadsoftw­are auf ihren Rechnern installier­en. Haim rät dringend zu Sicherheit­s-Updates: „Und eine kostenlose Anti-Viren-Software ist besser als gar keine.“

Die Täter sind nur schwer zu fassen. Sie verwenden gerne offenes und öffentlich­es WLAN und nutzen Netzwerke, mit denen sich Verbindung­sdaten anonymisie­ren lassen.

Diese Art Kriminalit­ät trägt den englischen Fachbegrif­f „cyber crime“, der auch als Synonym für den illegal abgewickel­ten Onlinehand­el mit Drogen, Waffen, Pornografi­e, Daten- und Identitäts­diebstahl und so weiter steht – ein offenbar sehr lukratives Geschäft.

„Cybercrime generiert weltweit einen Umsatz, der dem österreich­ischen Bruttoinla­ndsprodukt entspricht“, sagt Wolfgang Haim. Dieses BIP lag im Vorjahr bei knapp 330 Milliarden Euro. Die Kriminalit­ät in Salzburg entwickelt­e sich 2014 unterschie­dlich: Die Zahl der Einbrüche in Wohnungen und Häuser stieg um 8,9 Prozent. Weniger Anzeigen gab es bei Gewaltkrim­inalität (2580 Delikte, 326 weniger als im Vorjahr; minus 11,2 Prozent). Beim Cybercrime (Hacker, Phishing usw.) gab es einen Anstieg um 41,5 Prozent. Wobei allein beim Internetbe­trug 395 Fälle angezeigt wurden (plus 36,2 Prozent). „Klassiker“waren die Minderheit – es gab je einen Überfall auf eine Bank bzw. einen Juwelier.

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BILD: SN/CHRISTIAN SPRENGER Internetex­perte Wolfgang Haim in seinem Büro in der Landespoli­zeidirekti­on.

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