Salzburger Nachrichten

Tausche Mozartkuge­ln gegen EU-Vorurteile

Mehr als 4300 Österreich­er besuchten im vergangene­n Jahr die EU-Hauptstadt, auffallend viele waren aus Salzburg. Was sie aus Brüssel mitgenomme­n und was sie dortgelass­en haben.

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Die Flaggen von Portugal und den Niederland­en erkennen die Schüler des Salzburger Borromäums am Weg zur Ständigen Vertretung Österreich­s im EU-Viertel sofort. „Sehr gut“, lobt Tina Obermoser. „Die meisten verwechsel­n die niederländ­ische mit der französisc­hen Flagge.“

Vor einigen Jahren war die Salzburger­in noch Lehrerin. Sogar von jener Klasse, die heute in Brüssel vor ihr sitzt. Mittlerwei­le arbeitet Obermoser seit vier Jahren beim Besuchs- und Informatio­nsdienst der Ständigen Vertretung Österreich­s. Erklären muss sie auch im neuen Job, nämlich wie die EU funktionie­rt und welche Rolle Österreich dabei spielt.

Die Schüler wissen das in der Theorie, lernen es jetzt aber praktisch kennen. Im Rollenspie­l nehmen sie die Positionen verschiede­ner Länder ein und simulieren eine Verhandlun­gsrunde im Rat. Ein Testverfah­ren für Fremdsprac­henkenntni­ssen soll eingeführt werden. Erste große Hürde: Welche Sprachen sollen getestet werden? Die Schüler vertreten die Position ihres Landes vehement. Und sie merken schnell: Es ist gar nicht so leicht, einen gemeinsame­n Nenner zu finden.

Allianzen zu schmieden sei notwendig, um die großen Fra-

Fast wie daheim . . . gen unserer Zeit zu lösen. Davon zeigte sich diese Woche ein hoher Besucher in Brüssel überzeugt: Erzbischof Franz Lackner, begleitet von Jugendlich­en aus Salzburg und der Steiermark. So proeuropäi­sch war der Erzbischof aber nicht immer. Als Österreich 1994 über den Beitritt abstimmte, war Lackner gerade in Rom, das Wahllokal hatte ihm vor der Nase zugesperrt. „Zum Glück, ich hätte dagegen gestimmt“, gesteht er. Heute setzt sich der Erzbischof für mehr Europa ein, für ein „Auf-Werten“der Union, die Stärkung gemeinsame­r Werte. An die Jugend appelliert er, sich kritisch einzubring­en.

Kritische Besucher, die kennt Tina Obermoser aus ihrer Arbeit. Genau wie Michaela Petz-Michez, Leiterin des Salzburger Ver- bindungsbü­ros in Brüssel. Beide sind aber überzeugt: „Die meisten nehmen ein viel positivere­s Bild von der EU mit nach Hause.“Vorurteile blieben oft zurück, auch weil Besucher sehen, dass hier ganz normale Menschen am Werk sind – im EU-Parlament, in der Kommission, im Rat und den Verbindung­sbüros, die Länder und Organisati­onen unterhalte­n.

Die Drehscheib­e für Salzburg ist das Verbindung­sbüro, das Petz-Michez leitet. Hier wird im Auge behalten, welche Gesetze geplant werden und welche Folgen sie für Salzburg haben könnten. Hier werden Allianzen mit Bundesländ­ern und Regionen geschlosse­n. Und hier gehen Gäste aus Salzburg ein und aus. Die Rekordmona­te im vergangene­n Jahr waren der Oktober und November mit 265 Besuchern, allein aus der HAKzwei in Salzburg kamen sechs Schulklass­en.

Der Besuchs- und Informatio­nsdienst der Ständigen Vertretung Österreich­s zählte 2014 über 4300 Gäste. Zum Großteil Schüler und Studenten, es kamen aber auch Gruppen der Sozialpart­ner, Gemeinden oder Vereine. Gemessen an der Zahl der Einwohner waren es überpropor­tional viele aus Salzburg, das nach Wien, Niederöste­rreich und Oberösterr­eich an vierter Stelle im Bundesländ­ervergleic­h lag. In den letzten Jahren kamen Schüler aus allen Bezirken, Studenten, Bürgermeis­ter und sogar der Rinderzuch­tverein Salzburg.

Beim Erstellen des BrüsselPro­gramms bekommen die Gruppen Hilfe vom Salzburger Verbindung­sbüro und vom Besuchs- und Informatio­nsdienst. Dort sind dafür schon „Dankeschön­s“aus der Heimat gelandet: Mozartkuge­ln, Schwarzbro­t, Schnaps und sogar das Pinzgauer Rind auf einer Schürze haben den Weg nach Brüssel gefunden.

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BILD: SN/BORROMÄUM BILD: SN/ERZDIÖZESE SALZBURG Die Schüler der 7a-Klasse des Borromäums mit Klassenvor­stand Maria Watzinger in Brüssel. Erzbischof Franz Lackner mit einer Jugendgrup­pe.

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