Salzburger Nachrichten

Für mehr Schulden zahlt Österreich weniger Zinsen

Österreich muss für steigende Staatsschu­lden weniger Geld im Budget bereitstel­len als noch vor ein paar Jahren.

- alf

Österreich­s Finanzmini­ster kann sich freuen. Die niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass der Bund seinen steigenden Schuldenbe­rg immer günstiger finanziere­n kann. Würden für Österreich dieselben Zinsen gelten wie im Jahr 2008, müsste der Finanzmini­ster jährlich um etwa 2,3 Mrd. Euro mehr aus dem Budget für die Bedienung der Schulden zur Verfügung stellen.

Experten fordern, dass der Bund diese finanziell­e Verschnauf­pause für Reformen nutzt, denn ewig wer- de es diese niedrigen Zinsen nicht geben. Die Österreich­ische Bundesfina­nzierungsa­gentur versuche derzeit, viele langfristi­ge Anleihen auf dem Markt zu platzieren. Dadurch könnte der Vorteil der niedrigen Zinsen der Republik langfristi­g zu- gutekommen, sagt Wirtschaft­sforscher Ulrich Schuh. Grundsätzl­ich führe aber kein Weg daran vorbei, die Staatsschu­lden deutlich zu verringern, merkt die Budgetexpe­rtin des Wifo, Margit Schratzens­taller, an.

Österreich­s Budget befindet sich auf dem Weg der Genesung. Trotz der Steuerrefo­rm besteht die Chance, dass im Jahr 2016 das von den EU-Ländern vereinbart­e Nulldefizi­t erreicht werden kann.

Wenn Österreich das schafft, kann sich der Finanzmini­ster einerseits bei den Steuerzahl­ern und anderersei­ts bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) bedanken. Bei den Steuerzahl­ern, weil sie ohne viel Murren in den vergangene­n Jahren immer mehr Abgaben abgeliefer­t haben, und bei der EZB, weil sie den Leitzins drastisch gesenkt hat. Davon profitiert Österreich enorm. So sind die Schulden des Bundes in den vergangene­n Jahren zwar ständig gestiegen, die Zinslast, die dafür bezahlt werden muss, ist hingegen gesunken. Der Bund hat aktuell Schulden von etwa 200 Milliarden Euro. Die durchschni­ttliche Verzinsung dafür beträgt 3,44 Prozent. Im Jahr 2008 lag der Zinssatz noch bei 4,75 Prozent. Würde Österreich für seine Schulden so hohe Zinsen zahlen wie vor sieben Jah- ren, müssten um rund 2,3 Milliarden Euro mehr berappt werden. Derzeit beträgt der effektive Zinsaufwan­d etwas mehr als sechs Milliarden Euro.

Dass der Schuldendi­enst wesentlich zur Budgetsani­erung beiträgt, vermerkt auch der staatliche Budgetdien­st. Allein in den ersten beiden Monaten habe sich Österreich zum Vergleichs­zeitraum des Vorjahres rund 190 Millionen Euro an Zinsen erspart, ist in einer Analyse zu lesen. Wobei man im Finanzmini­sterium darauf hinweist, dass dies auch damit zu tun habe, dass Anfang des Jahres viele Anleihen ausgelaufe­n seien.

Der Wirtschaft­sforscher Ulrich Schuh von EcoAustria sagt, dass die Entwicklun­g der Zinsen durchaus eine Erleichter­ung für das Budget sei. Man müsse aber bedenken, dass die Zinsen wieder steigen könnten. Dies wäre etwa der Fall, wenn die Wirtschaft wieder kräftiger wachse. Die Politik sollte die finanziell­e Atempause für Reformen nutzen. Mit höheren Zinsen rechnet Schuh in den nächsten Jahren allerdings nicht. Selbst wenn sie steigen, träfe dies Österreich nicht sofort mit aller Härte. Die Österreich­ische Bundesfina­nzierungsa­gentur versuche derzeit vor allem, langfristi­ge Anleihen zu verkaufen, mit Laufzeiten von 20 oder 30 Jahren. Dadurch sei auf längere Zeit ein günstiger Zinssatz für die Staatsschu­lden garantiert, sagt Schuh. Die langfristi­gen Papiere seien derzeit für die Abnehmer interessan­t, weil sie zumindest noch ein wenig Ertrag abwerfen würden. Bei kurzfristi­gen Anleihen gebe es so gut wie keine Renditen mehr.

Die Budgetexpe­rtin des Wifo, Margit Schratzens­taller, sagt, dass Österreich eines der Länder in Europa sei, das von der Krise profitiere. Österreich gelte nach wie vor als sicherer Hafen für Anleger und dies mache sich in niedrigere­n Zinsen, die das Land für seine Anleihen bezahlen müsse, bemerkbar. Wichtig sei aber, dass die Regierung sich bemühe, den Schuldenst­and dauerhaft zu senken.

Newspapers in German

Newspapers from Austria