Salzburger Nachrichten

Unkrautver­nichtungsm­ittel dürfte krebserreg­end sein

- SN, APA, m.b.

Er sollte eine Naturoase sein, aber umweltschä­dliche Mittel wie Pestizide oder Kunstdünge­r können den Privatgart­en der Österreich­er belasten. Jetzt haben Forscher der WHO die chemische Verbindung Glyphosat als „wahrschein­lich krebserreg­end“kategorisi­ert. Glyphosat ist die Hauptkompo­nente einiger Breitbandh­erbizide und wird zur Unkrautbek­ämpfung eingesetzt. Das Unkrautver­nichtungsm­ittel wird Hobbygärtn­ern in Österreich offenbar weiterhin empfohlen – zumindest war das bei neun von 13 Testeinkäu­fen der Umweltschu­tzorganisa­tion Global 2000 der Fall. Über die neue Einstufung des Wirkstoffs sei in keinem einzigen Fall informiert worden, kritisiert­en Sprecher der Umweltorga­nisation.

Global 2000 hat Testeinkäu­fer in Gartencent­er, Baumärkte, Gärtnereie­n und Lagerhäuse­r im Raum Wien geschickt. „Zwischen der Einstufung von Glyphosat als wahrschein­lich krebserreg­end und unserem Einkaufste­st lagen rund zwei Wochen“, sagte der Umweltchem­iker Helmut Burtscher bei einer Pressekonf­erenz. Trotzdem schienen die Verkaufsbe­rater keine Informatio­nen über die Einstufung des meistverka­uften Herbizids zu haben. Kunden wurden somit „weiterhin im Glauben gelassen, Glyphosat wäre gesundheit­lich völlig unbedenkli­ch“.

Die Einstufung von Glyphosat als „wahrschein­lich krebserreg­end“wurde am 20. März dieses Jahres publiziert. Zuvor hatte sich ein internatio­nales Gremium aus 17 unabhängig­en Wissenscha­ftern und Experten rund ein Jahr eingehend mit den zur Verfügung stehenden wissenscha­ftlichen Publika- tionen zu Glyphosat auseinande­rgesetzt. Das für die EU-weite Bewertung von Glyphosat zuständige deutsche Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung (BfR) fand dagegen „keinerlei Hinweise auf eine krebserzeu­gende, reprodukti­onsschädig­ende oder fruchtschä­digende Wirkung“durch Glyphosat. „Dass das Expertengr­emium der WHO anhand der gleichen Studien zu anderen Schlussfol­gerungen kommt, stellt die europäisch­e Risikobewe­rtung für Herbizide in ein zweifelhaf­tes Licht“, betonte Helmut Burtscher.

Global 2000 empfiehlt den Konsumente­n den Umstieg auf natürliche Unkrautver­nichtungsm­ittel oder auf mechanisch­es Jäten. Burtscher appelliert­e an den Handel, ebenfalls freiwillig auf einen Verkauf zu verzichten: „Es geht auch anders!“Dominik Linhard, Biologe bei Global 2000, verweist im SN-Gespräch darauf, dass in Privatgärt­en viele Stoffe mit problemati­schen Eigenschaf­ten eingesetzt würden. So sei ihm etwa das Insektizid Agritox schon lange „ein Dorn im Auge“: „Bei diesem Breitbandi­nsektizid gibt es keine Nützlingss­chonung, es ist für Bienen hochgiftig und stellt auch für Menschen eine Gefahr dar.“

Linhard verweist zudem auf die Gruppe der Pyrethroid­e (hochwirksa­me synthetisc­he Insektizid­e), die im Privatgart­en „nichts verloren haben“. Der Global-2000-Biologe ortet bei vielen Konsumente­n einen zu sorglosen Umgang mit der chemischen Keule: „Viele Menschen denken sich, wenn man das ohne Probleme kaufen kann, wird es schon nicht so schlimm sein.“Anders als in der Landwirtsc­haft gebe es im privaten Bereich aber keine Kontrollen, ob alle Sicherheit­sbestimmun­gen eingehalte­n würden. Besserung sei aber in Sicht: Ab November dürfen Private nur noch jene Mittel anwenden, die dezidiert für Haus- und Kleingärte­n zugelassen sind.

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