Salzburger Nachrichten

Kinderwage­n rollt auf Gleise: 18 Monate altes Kind getötet

Während eine Mutter (33) eine Fahrkarte kauft, rollt der Kinderwage­n mit ihrer Tochter vor einen Güterzug. Ein 17-Jähriger wird Zeuge. Die Geschwindi­gkeit des Zuges wird geprüft.

- Michael Braun, ÖBB-Sprecher

Was die Videoaufze­ichnungen der Bahnsteigü­berwachung in Linz-Ebelsberg am Mittwoch um 9:45 Uhr zeigen, macht sprachlos. Es ist eine unfassbare Verkettung unglücklic­her Umstände, die am Ende ein 18 Monate altes Mädchen das Leben kosten und eine Dreifach-Mutter schwer traumatisi­eren.

Rückblick: Eine 33-jährige Linzerin war mit ihrer Tochter von Linz-Ebelsberg auf dem Weg nach Linz. Die Frau wollte am Fahrkarten­automaten im Untergesch­oß des Bahnhofs noch ein Ticket lösen, hatte aber offenbar nicht das nötige Kleingeld. Also fuhr sie zuerst mit dem Lift auf den Bahnsteig und stellte dort den Kinderwage­n mitsamt ihrer Tochter genau zwischen der Glastrennw­and des Stiegenauf­gangs und der Bahnsteigk­ante ab. Auf den Videoaufze­ichnungen sieht man, wie die 33-Jährige eilig die Stufen hinabläuft. Genau als die Mutter aus dem Bild der Aufzeichnu­ng verschwand, fuhr ein Güterzug mit 18 Waggons durch den Bahnhof. Vermutlich durch die Sogwirkung wurde der Kinderwage­n mit dem 18 Monate alten Mädchen erfasst und auf die Gleise gezogen.

„Das Kind war auf der Stelle tot“, erzählt Manfred Rauch vom Stadtpoliz­eikommando Linz im SN-Gespräch. Ein Fremdversc­hulden wird von der Polizei ausgeschlo­ssen. Rauch: „Es deutet alles auf einen tragischen Unfall hin.“Die schwer geschockte Mutter wurde vom Kriseninte­rventionst­eam betreut.

Der Lokführer dürfte laut Polizei nichts von dem Vorfall gemerkt haben. Der Güterzug wurde nach dem Unfall erst im Bahnhof Linz gestoppt.

Besonders tragisch: Das Unglück wurde von einem 17-jährigen Schüler beobachtet, der auf dem Bahnsteig in einem Warteraum saß. Die Videoaufze­ichnungen zeigen, wie der Bursche auf den Bahnsteig läuft, als der Kinderwage­n auf die Gleise gezogen wird. Aber zu spät.

Tief schockiert über den Vorfall zeigen sich auch die ÖBB. Sprecher Michael Braun: „Wir sind fassungslo­s. Nun geht es um eine lückenlose

„Wir sind fassungslo­s. Nun geht es um eine lückenlose Aufklärung.“

Aufklärung.“Im Fokus steht vor allem der Güterzug, der von WienStadla­u auf dem Weg nach Passau war. Die Züge dürfen laut Vorgaben bis zu 100 Stundenkil­ometer fahren. In Bahnhofsbe­reichen liegen die Höchstgesc­hwindigkei­ten allerdings meist nur bei 40 oder 60 km/h. Wie schnell der Zug wirklich unterwegs war, wird nun untersucht. Einen ähnlichen Unfall habe es in der jüngsten Vergangenh­eit bei den ÖBB nicht gegeben. Die Ermittlung­en aufseiten der Polizei dauern an. Die Befragung der Mutter war bisher nicht möglich. Sie ist zu schwer geschockt.

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BILD: SN/FIRMA FOTOKERSCH­I E.U. Polizisten sicherten die Unglücksst­elle.

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