Salzburger Nachrichten

Alkoholsuc­ht: „Es war die Hölle“

Vor dem Treffen von 3000 Anonymen Alkoholike­rn berichten Betroffene über ihren Leidensweg.

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Angefangen hat es eher harmlos. Damals in ihren Teenagerja­hren war es bei Anita „ein Likörchen. Und das ging nicht nach unten, sondern direkt nach oben. Da wusste ich, dass dies der Stoff war, aus dem die Träume sind.“

Anita sitzt am Mittwoch im Foyer der Salzburgar­ena im Messezentr­um in Liefering. Von 1. bis 3. Mai werden sich dort rund 3000 Anonyme Alkoholike­r, vorwiegend aus deutschspr­achigen Ländern, zum Erfahrungs­austausch treffen. Anita aus Bad Reichenhal­l wird einer dieser 3000 Menschen sein.

„Der Stoff, aus dem die Träume sind“, wandelte sich rasch zu einer Substanz, aus der Albträume ent- stehen. Es folgten 20 Jahre mit Alkohol und Tabletten – „ es war die Hölle“. Dann fand Anita zu den Anonymen Alkoholike­rn. Seit 35 Jahren ist sie trocken. Ihr Lebenselix­ier sind die wöchentlic­hen Treffen.

Auch die beiden Salzburger Kurt und Paul, die mit Anita gemeinsam am Tisch sitzen, bezeichnen sich als Alkoholike­r, obwohl sie seit vielen Jahren nichts mehr trinken. Irmgard sitzt auch dort. Sie ist keine Alkoholike­rin, aber sie ist die Ehefrau von Kurt.

Irmgards Schicksal gleicht jenem anderer Alkoholike­r-Angehörige­r: „Der Alkohol kam schleichen­d in unser Leben. Am Anfang hat Kurt heimlich getrunken, später unheimlich. Nach außen haben wir das Sonntagslä­cheln aufgesetzt. Aber ich habe mich aus unserem Freundeskr­eis zurückgezo­gen, weil ich mich so geschämt habe.“Die Anonymen Alkoholike­r haben auch für Angehörige sowie für Kinder alkoholbel­asteter Familien Selbsthilf­egruppen ins Leben gerufen.

Etwa zwei Millionen Menschen sind weltweit Mitglieder bei den Anonymen Alkoholike­rn, in Österreich sind es 2400. Olaf Rossiwall ist als Obmann der einzige Nicht- alkoholike­r des Vereins. Er ist Facharzt für Psychiatri­e und Neurologie an der Emco-Klinik in Bad Dürrnberg. Er sagt: „Die Anonymen Alkoholike­r sind die weltweit erfolgreic­hste Selbsthilf­egruppe.“

Im Bier- und Weinland Österreich wird dieser Gruppe die Arbeit nicht ausgehen. 350.000 Österreich­er gelten als alkoholkra­nk, die Dunkelziff­er ist doppelt so groß. Inklusive der Angehörige­n dürften zwei Millionen Österreich­er direkt oder indirekt von Alkoholsuc­ht betroffen sein. Allein in Salzburg sterben jährlich bis zu 2000 Menschen wegen Alkohol.

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