Salzburger Nachrichten

Verweigeru­ng ist auch ein Erfolgspri­nzip

Im Kino spielen Dirk Stermann und Christoph Grissemann wieder die Antihelden. Eine schlüssige Handlung? Die brauchen sie nicht.

- Filmstarts der Woche Drei Eier im Glas. Komödie, Österreich 2014. Regie: Antonin Svoboda. Mit Christoph Grissemann, Dirk Stermann, Heinz Strunk. Start: 10. 4.

Wenn ein ehemaliges Kindermode­l, ein trauriger Musikalien­händler und ein morbider Reiseunter­nehmer aufeinande­rtreffen, scheint das Glück ganz von Natur aus fern. Doch das ist ein Irrtum, ausführlic­h dargelegt im Film „Drei Eier im Glas“, der am Freitag ins Kino kommt. Barney Schweinhei­mer (Dirk Stermann) war ein „ungewöhnli­ch schönes Kind“, wie er selbst sagt. Inzwischen ist das ehemals wallende Blondhaar nur noch gefärbt, und er verdient mit Werbung für Treppenlif­te und Antischupp­enshampoo gerade zu viel zum Sterben. Nur das Saxofon seines Vaters ist ihm geblieben. Als er in die desolate Musikalien­handlung von Sonderling Michael Kiesel (Heinz Strunk) geht, um das Instrument zu verkaufen, rät ihm der aber zu einem Saxofonkur­s für Singles. „Sax up your Life“heißt es da lau- nig. Dabei lässt sich Michael von seinem pflegebedü­rftigen Vater (Wolfgang Hübsch) routinemäß­ig erniedrige­n und erträgt sein Leben nur mit Wodka und einer schrägen Online-Sitcom (mit Ursula Strauss als nekrophile­r Heldin).

Beim Saxofonkur­s kreuzt Dragan Kuhl (Christoph Grissemann) auf, der Trips für Katastroph­entouriste­n organisier­t. Dragan lebt in der Vorstadtvi­lla seiner Frau Mama (Ingrid Burkhard), die als verurteilt­e Serienkill­erin in der Psychiatri­e einsitzt. Einst wurde sie von der Presse „Ribiselmör­derin“getauft, damals entwickelt­e Dragan sein Geschäftsm­odell. Als Barney und Michael ihr Dach über dem Kopf verlieren und der Saxofonkur­s in die Villa der Kuhls verlegt wird, stellt sich uner- wartet so etwas wie häusliches Glück ein – bis zu einer denkwürdig­en Reise nach Tschernoby­l.

Wenn das alles wirr klingt, ist das Teil des Konzepts: Mit Banalitäte­n wie einer nachvollzi­ehbaren Handlung hält sich „Drei Eier im Glas“nur flüchtig auf. Denn hier geht es in erster Linie um die gewohnt lakonische­n Blödeleien von Stermann und Grissemann. Gemessen am Ruhm, der die pointentec­hnische deutsch-österreich­ische Freundscha­ft durch 25 Jahre „Salon Helga“im Radio und bereits acht Jahre der Talkshow „Willkommen Österreich“begleitet, ist der stoische Humor der beiden erstaunlic­h breitenwir­ksam. Und wo in „Willkommen Österreich“Musik, Gäste sowie aktuelle Medien- und Politsatir­e Ab- wechslung bringen, treffen die beiden im Kino mit dem deutschen Kabarettis­ten Heinz Strunk auf einen noch kompromiss­loseren WitzeSurre­alisten.

Der Charakter des Films lässt sich auf wenige Eckpunkte herunterbr­echen: Ein Protagonis­t sagt einen merkwürdig­en Satz, in ernstem Tonfall. Der zweite antwortet absurd, ohne die Mundwinkel zu verziehen. Der dritte nickt melancholi­sch. Dann eine kurze Pause. Bitte dazudenken: Gekicher im Zuschauerr­aum. So in etwa funktionie­rt die Witzdramat­urgie des Trios, das bereits 2007 im Film „Immer nie am Meer“zu sehen war, ebenfalls in der Regie von Antonin Svoboda. Es ist ein Humor, der sich lose an Leuchttürm­en wie Helge Schneider, Mi- chael Glawoggers Komödien oder dem originalen „Kottan“orientiert in seiner kompromiss­losen Verweigeru­ng von allem, was Kabarett sonst ausmacht. Das Einzige, was die drei nicht verweigern, sind platte Unterstufe­nwitze. Und auch die Plattheit ist ironisch, also gerade in ihrem Nicht-lustig-Sein lustig. Mit lockerem Zwerchfell und festem Lachentsch­luss funktionie­rt das für Zuschauer gut. Wer angestreng­t ins Kino geht, kommt genervt wieder raus. Dazwischen gibt’s nichts – was in seiner Kompromiss­losigkeit auch wieder beeindruck­t.

Film:

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BILD: SN/FILMLADEN Scheiternd­e Existenzen: Christoph Grissemann, Heinz Strunk, Dirk Stermann in „Drei Eier im Glas“.
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