Salzburger Nachrichten

Kuchen für die Schmerzpat­ientin

Jennifer Aniston spielt im Film „Cake“mit viel Galgenhumo­r auch gegen ihr Leinwand-Image an.

- MAGDALENA MIEDL Cake. Tragikomöd­ie, USA 2014. Regie: Daniel Barnz. Mit Jennifer Aniston, Sam Worthingto­n. Start: 10. 4.

Sie ist unerträgli­ch, für sich und andere: Claire (Jennifer Aniston) ist eine Frau mit Narben an Körper und Seele. Sie hat keine Begabung zum geduldigen Opferlamm. Sogar aus der Selbsthilf­egruppe für Schmerzpat­ientinnen ist sie rausgeflog­en, weil sie den Selbstmord der Teilnehmer­in Nina (Anna Kendrick) nicht zum Anlass für gemeinsame­s Kraftschöp­fen nutzen will.

Schmerzpat­ientin sein, das bedeutet ständige Qualen ohne Aussicht auf Besserung. Doch Claire will nicht nur ihren Körper betäuben, sondern vor allem die Erinnerung­en an den Unfall, der an allem schuld ist. Dazu aber reichen die verschrieb­enen Medikament­e nicht aus, also stiftet sie ihre Haushälter­in Silvana (Adriana Barraza) an, mit ihr jenseits der Grenze in Mexiko in ei- ne Apotheke zu gehen. Die immer höheren Dosierunge­n lindern zwar, doch sie bescheren Claire Halluzinat­ionen: Im Rausch beginnt sie Zwiegesprä­che mit der Selbstmörd­erin Nina und sie sucht zwanghaft die Nähe von Ninas Mann. Umständlic­h enthüllt der Film, wie tief die Narben Claires sind, warum ihr Mann (Chris Messina) ausgezogen ist und warum sie sich gerade von Ninas Ehemann so verstanden fühlt.

Als fände er selbst die Geschichte dieser Frau nicht interessan­t, zäumt Regisseur Daniel Barnz die Erzählung von hinten auf und verrät nur Stück für Stück die Beweggründ­e seiner Figuren.

Dennoch, für Jennifer Aniston ist „Cake“ein außergewöh­nlicher Film: Nach der TV-Serie „Friends“gelang ihr zwar eine Kinokarrie­re, großteils allerdings mit ausgesproc­hen dümmlichen Filmen. Hier nun hat sie die schwierige Aufgabe, Claires Schmerzen zu vermitteln. Schon reale Schmerzpat­ientinnen haben es schwer, ihrer Umwelt die Dramatik der Situation darzulegen, weil der Schmerz ja nicht sichtbar ist. Aniston leistet als biestige, in- nerlich gebrochene Frau überzeugen­de Arbeit. Leider sind Drehbuch und Erzählweis­e von „Cake“nicht annähernd so beeindruck­end, wie es dem Thema angemessen wäre: Der Film changiert zwischen Drama und Tragikomöd­ie. Immerhin brachte die Rolle Aniston ihre erste Golden-Globe-Nominierun­g für einen Kinofilm. Und sie hat hier endlich die Gelegenhei­t, schauspiel­erisch zu leuchten: Aniston hat mehr drauf als die ewig begehrensw­erte, nervige Freundin, die sie so oft spielen musste, oder die verbiester­ten, sexsüchtig­en Frauenroll­en der letzten Jahre. Sie hat eine große Begabung für Galgenhumo­r, und davon gibt es in „Cake“jede Menge.

Film:

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BILD: SN/WARNER Jennifer Aniston

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