Behandlung der Mitarbeiter und Krisen bilden oft ein Duett
Wenn Unternehmen in Krisen rutschen, hapert es oft auch im Verhältnis zu den Beschäftigten. Denn wirtschaftlicher Erfolg hängt eng mit der Belegschaft zusammen. Manche ändern rechtzeitig den Kurs, andere nicht.
SALZBURG. McDonald’s wird 60. Doch zum runden Geburtstag steckt der Konzern in der Krise. Die weltgrößte Schnellrestaurantkette steht vielfach für Übergewicht, Niedriglohn und Umsatzschwund. Ein neues Erfolgsrezept muss her. Dazu gehört, dass das Unternehmen nach anhaltenden Protesten in den USA ab Juli das Einstiegsgehalt auf einen Dollar über dem Mindestlohn im jeweiligen US-Bundesstaat erhöhen wird. Der schlechte Umgang mit Mitarbeitern in Nordamerika ist nur ein Teil der Probleme des Burger-Braters. Doch wie in diesem Fall zeigt es sich oft, dass der Umgang mit Beschäftigten eng mit dem Erfolg oder eben Misserfolg eines Unternehmens verwoben ist.
Ein markantes Beispiel ist die Anfang 2012 in den Konkurs geschlitterte ehemalige deutsche Drogeriemarktkette Schlecker. Die hatte jahrzehntelang durch ihren rüden Umgang mit Beschäftigten Schlagzeilen gemacht. Als man zuletzt auch hier etwas ändern wollte, war es zu spät. Andere wiederum, wie vor vielen Jahren der Lebensmittelhändler Billa oder seit einiger Zeit der Mitbewerber Lidl in Österreich, zeigen, dass eine positive Änderung im Verhältnis zu den Beschäftigten auch wirtschaftlich etwas bringen kann. Übrigens ist auch McDonald’s Österreich wirtschaftlich gut unterwegs. Hier hat die Fast-Food-Kette seit vier Jahren einen eigenen Kollektivvertrag und lässt die Mitarbeiter kreativ arbeiten. McDonald’sÖsterreich-Sprecherin Ursula Riegler: „Wir haben im Vorjahr nicht nur eine Million Kunden dazugewonnen, sondern auch umsatzmäßig zugelegt.“Der Umsatz von 562 Mill. Euro 2014 wäre ohne fortlaufende Innovationen angesichts der Wirtschaftslage und der höchsten Arbeitslosigkeit seit den Fünfzigerjahren nicht möglich gewesen. Derzeit werden die 194 heimischen Restaurants des Marktführers in der Systemgastronomie schrittweise auf frische Zubereitung umgebaut.
Auch bei McDonald’s-Konkurrent Burger King bekam dessen größter Franchisenehmer in Deutschland im Herbst 2014 Prob- leme, nachdem es zu Hygienemängeln und Beschwerden über die Arbeitsbedingungen gekommen war. Der US-Konzern kündigte dem Partner mit knapp 3000 Mitarbeitern.
Doris Palz, Direktorin von Great Place to Work, ein weltweit tätiges Unternehmen, das Firmen und Organisationen dabei unterstützt, eine von Vertrauen geprägte Arbeitsplatzkultur zu entwickeln, sagt, dass Geld für Mitarbeiter nur ein Hygienefaktor sei. „Wenn andere Faktoren im Unternehmen nicht passen, dann spielt Geld eine besondere Rolle“, erklärt Palz. Und wenn man dann mit dem Geld auch nicht mehr zufrieden sei, dann werde Dienst nach Vorschrift gemacht, das Engagement lasse nach, und es mehrten sich die Krankenstandstage. „Doch die eigentliche Demotivation entsteht aus nicht wertschätzender Haltung und mangelndem fairen Umgang mit den Mitar- beitern.“Dies sei gerade im Handel oder in der Gastronomie, wo Dienstleistung eine große Rolle spiele, für den Erfolg ausschlaggebend. Zudem ist laut Palz absehbar, dass Kunden auch beim Thema Umgang mit Mitarbeitern sensibler würden.
Schlechte Bezahlung ist auch der Hauptgrund dafür, dass der weltgrößte Internethändler Amazon seit Mai 2013 in Deutschland immer wieder bestreikt wird. Bei den Kunden hat das dem US-Konzern noch nicht geschadet. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di will erreichen, dass sich der US-Konzern dem Tarifvertrag für Versand- und Einzelhandel unterwirft. Amazon sieht sich als Logistikunternehmen und sieht keinen Anlass für Zugeständnisse. Die Ausfälle durch Streiks konnten durch das europaweite Netz von 28 Standorten in sieben Ländern aufgefangen werden. Eva Völpel, Sprecherin von ver.di, sagt: „In dem Konflikt geht es nur vordergründig um die Frage, welchen Tarifvertrag Amazon akzeptiert. In Wahrheit will das Unternehmen gar keinen Tarifvertrag. Das zeigen auch Berichte aus den USA und Großbritannien.“
Dem Diskonter Lidl gesteht die ver.di-Sprecherin Verbesserungen in Deutschland zu, doch seien längst nicht alle Probleme gelöst. Zwar seien Praktiken wie die Videoüberwachung von Mitarbeitern oder die systematische Erfassung der Krankheitsdaten beendet. Das Unternehmen sei aber nicht an einen Tarifvertrag gebunden, vielfach fehlten Betriebsratsstrukturen. Auch hier gilt: In Österreich wird Lidl von der Gewerkschaft mittlerweile gelobt.
In Deutschland hat sich ein großer Niedriglohnsektor entwickelt. Die Minijobs (450 Euro im Monat) reichen, umgerechnet auf den seit heuer in Deutschland gültigen Mindestlohn von 8,50 pro Stunde, für maximal 53 Stunden Arbeit im Monat. ver.di-Sprecherin Völpel sagt, im Handel werde zunehmend auf Teilzeitbeschäftigte gesetzt, denen nicht mehr als zehn Wochenstunden garantiert würden. Die restlichen Stunden würden kurzfristig vergeben, dadurch könnten Betroffene kaum planen.
Das Ergebnis einer Studie des Beratungsunternehmens ComTeam steht zu all dem im krassen Widerspruch: Demnach reihen 548 Fachund Führungskräfte in der Schweiz, Österreich und Deutschland den Umgang mit Mitarbeitern bereits an dritter Stelle, wenn es um den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens geht.
„Das Geld ist nur ein Faktor der Hygiene.“