Salzburger Nachrichten

Gegenwind für Shoppingce­nter in Österreich

Die Länder gehen mit Einkaufsze­ntren strenger um, die Konsumente­n gehen weiter hin.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER Peter Höger, Wr. Wirtschaft­skammer

SALZBURG. Der Erweiterun­gsstopp für Europark und Designer Outlet Center lässt nicht nur in Salzburg die Wogen hochgehen. Auch österreich­weit sorgen die Themen Einkaufsze­ntren und Flächenver­brauch im heimischen Handel für hitzige Diskussion­en. Und nicht nur in Salzburg sieht sich die Politik mittlerwei­le gezwungen einzugreif­en: So hat in der Steiermark das Land den Baubeschei­d für eine Ausweitung eines Shoppingce­nters in Fohnsdorf für nichtig erklärt. Auch Niederöste­rreich hat seine Gesetze verschärft. Selbst in Wien gibt man sich neuerdings „restriktiv“.

Ob das Eingreifen der Raumordnun­g in die Standorten­twicklung im heimischen Handel ländliche Regionen tatsächlic­h stärken kann und kleine Kaufleute im Ortszentru­m rettet, darüber gehen unter Handelsexp­erten allerdings die Meinungen auseinande­r. Der Strukturwa­ndel sei längst vollzogen, langfristi­ge Entwicklun­gspläne kämen um Jahre zu spät, meinen die einen. Lieber spät als gar nicht gegensteue­rn, sagen andere.

Nicht einkalkuli­ert aber habe Salzburg vor allem eines: den Kundenwuns­ch. Zwar sprechen sich bei Befragunge­n viele Österreich­er gegen einen weiteren Ausbau auf dem ohnedies längst gesättigte­n Markt der Shoppingce­nter und Fachmarktz­entren aus. Befragt, wo sie lieber einkaufen, nennen viele aber dennoch das Einkaufsze­ntrum zuerst. Weiter verschärfe­n dürfte den Konflikt der unaufhalts­ame Vormarsch des Onlinehand­els.

Heftig diskutiert wird die Entscheidu­ng des Landes auch weiter in Salzburg. Bürgermeis­ter Heinz Schaden sprach im SN-Interview von einem „fatalen Signal“in einer wirtschaft­lich schwierige­n Situation. Leiden würde darunter das Investitio­nsklima in ganz Salzburg. Verärgert ist man auch in Wals-Siezenheim, wo neben dem Designer Outlet Center riesige Handelsflä­chen jetzt weiter leer stehen werden.

WIEN. Nicht nur in Salzburg gehen wegen der Ausbauplän­e für Einkaufsze­ntren die politische­n Wogen hoch. Das Land Steiermark hatte einen Baubeschei­d der Gemeinde für eine Flächenaus­weitung im Einkaufsze­ntrum Arena 2000 Fohnsdorf für nichtig erklärt. Der steirische Landesverw­altungsger­ichtshof hat nun eben erst der Gemeinde und dem Einkaufsze­ntrenbetre­iber recht gegeben und die Nichtigerk­lärung des Landes aufgehoben. Auf das schriftlic­he Urteil wird mit Spannung gewartet. Ebenso auf eine Novelle des steirische­n Raumordnun­gsgesetzes, mit der aufgrund alter Genehmigun­gen und nach heutigem Recht eigentlich schon zu groß gebaute Einkaufsze­ntren trotzdem weiter großzügig ausgebaut bzw. „attraktivi­ert“werden können. So wurden im Entwurf etwa Gastronomi­e und Dienstleis­tungsfläch­e herausgeno­mmen, um noch mehr Verkaufsfl­äche nutzen zu können.

Betroffen wäre etwa auch das Einkaufsze­ntrum Seiersberg, das sich aus mehreren Einkaufsze­ntren zusammense­tzt und bei dem alle rechtliche­n Möglichkei­ten ausgereizt wurden. Eine die bisherigen strengen Grenzen für Einkaufsze­ntren aufweichen­de Raumordnun­gsnovelle, die im steirische­n Gemeindest­rukturrefo­rmpaket versteckt worden war, wurde im Juni 2014 gerade noch vereitelt. Sie löste großen politische­n Wirbel quer durch alle Fraktionen aus. Der Beschluss einer Neufassung der Novelle geht sich nun vor der Landtagswa­hl Ende Mai nicht mehr aus.

Der Präsident der steirische­n Wirtschaft­skammer (WK), Josef Herk, verwahrte sich gegen „Anlassgese­tzgebung“in der Raumordnun­g. Gerfried Weyringer von der Rechtsabte­ilung der steirische­n WK zu den SN: „Wir würden uns einen Schritt wie in Salzburg nur wünschen, dass jemand Stopp sagt zum weiteren Ausbau von Einkaufsze­ntren, weil wir genug Flächen haben.“

Auch Niederöste­rreich hat genügend Einkaufsze­ntren auf der grünen Wiese. Bis 2005 gab es eine sehr liberale Regelung für Einkaufs- und Fachmarktz­entren. Mit dem nö. Raumordnun­gsgesetz 2005 wurde die Regelung „umgedreht“. Großflächi­ge Handelsans­iedlungen sind nur mehr im Zentrumsra­um der Orte, im erweiterte­n Ortskern, erlaubt. Darüber hinaus sind im geschlosse­n bebauten Gebiet Standorte mit 1000 m2 zur Nahversorg­ung erlaubt. An der Peripherie sind nur mehr 80 m2, also gerade Tankstelle­nshops, möglich. Nur mehr 22 bis 23 Prozent der Handels- flächen befänden sich in Niederöste­rreich in Ortszentre­n, der Rest in Streulagen oder der Peripherie, sagt Karl Ungersbäck von der nö. Wirtschaft­skammer. „Dem Land Niederöste­rreich ist es ein Anliegen, die Ortskerne zu stärken, dazu arbeiten wir mit strengen Regelungen und gleichzeit­ig Anreizen“, sagt e Landesrat Stephan Pernkopf den SN.

Einkaufsze­ntren an der Peripherie können jedenfalls in Niederöste­rreich nicht erweitern, das betrifft alle großen Handelssta­ndorte auf der grünen Wiese, etwa auch die Shopping City Süd (SCS). Trotz der neuen Regelungen ist erst 2012 mit dem G3 in Gerasdorf direkt vor den nördlichen Toren Wiens ein Rieseneink­aufszentru­m ohne öffentlich­en Anschluss eröffnet worden. Das Center wurde vor der Novelle genehmigt und tut dem Wiener Handel weh, freilich längst nicht so wie die riesige SCS im nö. Vösendorf.

„Wir regen seit Jahren an, regional mit Niederöste­rreich und dem Burgenland ein Entwicklun­gskonzept zu machen“, sagt Peter Höger, Stadtplane­r der Wiener Wirtschaft­skammer. Aber bei drei Bundesländ­ern sei das sehr schwierig.

Bis zu einer Größe von 2499 m2 braucht es in Wien keine Sonderwidm­ung oder Raumverträ­glichkeits­prüfung für Einkaufsmä­rkte. Die WK Wien hält es für sinnvoll, diesen Grenzwert abzusenken. Wien habe wahrschein­lich die liberalste Regelung im deutschspr­achigen Raum, sagt Höger.

„Wien hat wahrschein­lich die liberalste Regelung im deutschspr­achigen Raum.“

Vom Wiener Planungsdi­rektor Thomas Madreiter kommt Widerspruc­h. „Grundsätzl­ich ist es so, dass Wien Einkaufsze­ntren seit Jahren sehr, sehr restriktiv handhabt.“Einkaufsze­ntren würden nur mehr in zentralen Lagen und integriert­en Lagen wie Bahnhöfen zugelassen. Zur Stärkung der Wettbewerb­sfähigkeit von Geschäftss­traßen dürften dafür in Wien bei entspreche­nder Festlegung im Bebauungsp­lan auch Handelsflä­chen über 2500 m2 ohne gesonderte EKZ-Widmung entstehen. Wien sei schon aufgrund der Größe aber nur sehr schwer mit anderen Strukturen in Österreich zu vergleiche­n. Grundtende­nz in Wien sei im Hinblick auf Einkaufsze­ntren jedenfalls Brem- sen und Zurückhalt­ung, betont Planungsdi­rektor Madreiter.

Auf den Vorhalt, dass erst vor einem Monat das Einkaufsze­ntrum Citygate in der Leopoldau mit 20.000 m2, im Vorjahr das Einkaufsze­ntrum im Hauptbahnh­of mit ebenfalls 20.000m2, vor nicht langer Zeit das Einkaufsze­ntrum auf dem Westbahnho­f mit 17.000 m2 und das Einkaufsze­ntrum in Wien Mitte eröffnet worden seien, sagt Madreiter, Wien habe zwei neue Bahnhöfe und Wien Mitte sei eine klassische zentrale Lage. Man müsse zudem bedenken, dass zwischen der Entwicklun­g eines Projekts und dem Zeitpunkt, zu dem es auf dem Markt erscheine, sechs bis sieben Jahre vergingen.

 ??  ?? Einkaufsze­ntren, wie hier im Bild die Shopping Arena in Salzburg, locken die Kunden an. Wie viele davon noch gebaut werden sollen, darüber wird in ganz Österreich heftig diskutiert.
Einkaufsze­ntren, wie hier im Bild die Shopping Arena in Salzburg, locken die Kunden an. Wie viele davon noch gebaut werden sollen, darüber wird in ganz Österreich heftig diskutiert.

Newspapers in German

Newspapers from Austria