Gegenwind für Shoppingcenter in Österreich
Die Länder gehen mit Einkaufszentren strenger um, die Konsumenten gehen weiter hin.
SALZBURG. Der Erweiterungsstopp für Europark und Designer Outlet Center lässt nicht nur in Salzburg die Wogen hochgehen. Auch österreichweit sorgen die Themen Einkaufszentren und Flächenverbrauch im heimischen Handel für hitzige Diskussionen. Und nicht nur in Salzburg sieht sich die Politik mittlerweile gezwungen einzugreifen: So hat in der Steiermark das Land den Baubescheid für eine Ausweitung eines Shoppingcenters in Fohnsdorf für nichtig erklärt. Auch Niederösterreich hat seine Gesetze verschärft. Selbst in Wien gibt man sich neuerdings „restriktiv“.
Ob das Eingreifen der Raumordnung in die Standortentwicklung im heimischen Handel ländliche Regionen tatsächlich stärken kann und kleine Kaufleute im Ortszentrum rettet, darüber gehen unter Handelsexperten allerdings die Meinungen auseinander. Der Strukturwandel sei längst vollzogen, langfristige Entwicklungspläne kämen um Jahre zu spät, meinen die einen. Lieber spät als gar nicht gegensteuern, sagen andere.
Nicht einkalkuliert aber habe Salzburg vor allem eines: den Kundenwunsch. Zwar sprechen sich bei Befragungen viele Österreicher gegen einen weiteren Ausbau auf dem ohnedies längst gesättigten Markt der Shoppingcenter und Fachmarktzentren aus. Befragt, wo sie lieber einkaufen, nennen viele aber dennoch das Einkaufszentrum zuerst. Weiter verschärfen dürfte den Konflikt der unaufhaltsame Vormarsch des Onlinehandels.
Heftig diskutiert wird die Entscheidung des Landes auch weiter in Salzburg. Bürgermeister Heinz Schaden sprach im SN-Interview von einem „fatalen Signal“in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Leiden würde darunter das Investitionsklima in ganz Salzburg. Verärgert ist man auch in Wals-Siezenheim, wo neben dem Designer Outlet Center riesige Handelsflächen jetzt weiter leer stehen werden.
WIEN. Nicht nur in Salzburg gehen wegen der Ausbaupläne für Einkaufszentren die politischen Wogen hoch. Das Land Steiermark hatte einen Baubescheid der Gemeinde für eine Flächenausweitung im Einkaufszentrum Arena 2000 Fohnsdorf für nichtig erklärt. Der steirische Landesverwaltungsgerichtshof hat nun eben erst der Gemeinde und dem Einkaufszentrenbetreiber recht gegeben und die Nichtigerklärung des Landes aufgehoben. Auf das schriftliche Urteil wird mit Spannung gewartet. Ebenso auf eine Novelle des steirischen Raumordnungsgesetzes, mit der aufgrund alter Genehmigungen und nach heutigem Recht eigentlich schon zu groß gebaute Einkaufszentren trotzdem weiter großzügig ausgebaut bzw. „attraktiviert“werden können. So wurden im Entwurf etwa Gastronomie und Dienstleistungsfläche herausgenommen, um noch mehr Verkaufsfläche nutzen zu können.
Betroffen wäre etwa auch das Einkaufszentrum Seiersberg, das sich aus mehreren Einkaufszentren zusammensetzt und bei dem alle rechtlichen Möglichkeiten ausgereizt wurden. Eine die bisherigen strengen Grenzen für Einkaufszentren aufweichende Raumordnungsnovelle, die im steirischen Gemeindestrukturreformpaket versteckt worden war, wurde im Juni 2014 gerade noch vereitelt. Sie löste großen politischen Wirbel quer durch alle Fraktionen aus. Der Beschluss einer Neufassung der Novelle geht sich nun vor der Landtagswahl Ende Mai nicht mehr aus.
Der Präsident der steirischen Wirtschaftskammer (WK), Josef Herk, verwahrte sich gegen „Anlassgesetzgebung“in der Raumordnung. Gerfried Weyringer von der Rechtsabteilung der steirischen WK zu den SN: „Wir würden uns einen Schritt wie in Salzburg nur wünschen, dass jemand Stopp sagt zum weiteren Ausbau von Einkaufszentren, weil wir genug Flächen haben.“
Auch Niederösterreich hat genügend Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Bis 2005 gab es eine sehr liberale Regelung für Einkaufs- und Fachmarktzentren. Mit dem nö. Raumordnungsgesetz 2005 wurde die Regelung „umgedreht“. Großflächige Handelsansiedlungen sind nur mehr im Zentrumsraum der Orte, im erweiterten Ortskern, erlaubt. Darüber hinaus sind im geschlossen bebauten Gebiet Standorte mit 1000 m2 zur Nahversorgung erlaubt. An der Peripherie sind nur mehr 80 m2, also gerade Tankstellenshops, möglich. Nur mehr 22 bis 23 Prozent der Handels- flächen befänden sich in Niederösterreich in Ortszentren, der Rest in Streulagen oder der Peripherie, sagt Karl Ungersbäck von der nö. Wirtschaftskammer. „Dem Land Niederösterreich ist es ein Anliegen, die Ortskerne zu stärken, dazu arbeiten wir mit strengen Regelungen und gleichzeitig Anreizen“, sagt e Landesrat Stephan Pernkopf den SN.
Einkaufszentren an der Peripherie können jedenfalls in Niederösterreich nicht erweitern, das betrifft alle großen Handelsstandorte auf der grünen Wiese, etwa auch die Shopping City Süd (SCS). Trotz der neuen Regelungen ist erst 2012 mit dem G3 in Gerasdorf direkt vor den nördlichen Toren Wiens ein Rieseneinkaufszentrum ohne öffentlichen Anschluss eröffnet worden. Das Center wurde vor der Novelle genehmigt und tut dem Wiener Handel weh, freilich längst nicht so wie die riesige SCS im nö. Vösendorf.
„Wir regen seit Jahren an, regional mit Niederösterreich und dem Burgenland ein Entwicklungskonzept zu machen“, sagt Peter Höger, Stadtplaner der Wiener Wirtschaftskammer. Aber bei drei Bundesländern sei das sehr schwierig.
Bis zu einer Größe von 2499 m2 braucht es in Wien keine Sonderwidmung oder Raumverträglichkeitsprüfung für Einkaufsmärkte. Die WK Wien hält es für sinnvoll, diesen Grenzwert abzusenken. Wien habe wahrscheinlich die liberalste Regelung im deutschsprachigen Raum, sagt Höger.
„Wien hat wahrscheinlich die liberalste Regelung im deutschsprachigen Raum.“
Vom Wiener Planungsdirektor Thomas Madreiter kommt Widerspruch. „Grundsätzlich ist es so, dass Wien Einkaufszentren seit Jahren sehr, sehr restriktiv handhabt.“Einkaufszentren würden nur mehr in zentralen Lagen und integrierten Lagen wie Bahnhöfen zugelassen. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Geschäftsstraßen dürften dafür in Wien bei entsprechender Festlegung im Bebauungsplan auch Handelsflächen über 2500 m2 ohne gesonderte EKZ-Widmung entstehen. Wien sei schon aufgrund der Größe aber nur sehr schwer mit anderen Strukturen in Österreich zu vergleichen. Grundtendenz in Wien sei im Hinblick auf Einkaufszentren jedenfalls Brem- sen und Zurückhaltung, betont Planungsdirektor Madreiter.
Auf den Vorhalt, dass erst vor einem Monat das Einkaufszentrum Citygate in der Leopoldau mit 20.000 m2, im Vorjahr das Einkaufszentrum im Hauptbahnhof mit ebenfalls 20.000m2, vor nicht langer Zeit das Einkaufszentrum auf dem Westbahnhof mit 17.000 m2 und das Einkaufszentrum in Wien Mitte eröffnet worden seien, sagt Madreiter, Wien habe zwei neue Bahnhöfe und Wien Mitte sei eine klassische zentrale Lage. Man müsse zudem bedenken, dass zwischen der Entwicklung eines Projekts und dem Zeitpunkt, zu dem es auf dem Markt erscheine, sechs bis sieben Jahre vergingen.