Salzburger Nachrichten

Der Weg ins Extreme ist nicht ihre Richtung

Der Geiger Leonidas Kavakos und die Pianistin Yuja Wang schwingen sich einfühlsam in die Musik von Brahms ein.

- Stiftung Mozarteum, Salzburg, Großer Saal, 16. 4., 19.30 Uhr. Brahms: The Violin Sonatas, Universal/Decca

Wo Schumann ist, darf Brahms nicht fehlen. „Neue Bahnen“übertitelt­e Schumann, um 23 Jahre älter als Brahms, seinen berühmten Aufsatz, mit dem er in der Neuen Zeitschrif­t für Musik das überragend­e Jungtalent aus Hamburg pries. Kammermusi­k von Robert Schumann bildete in dieser Konzertsai­son einen Schwerpunk­t im Programm der Stiftung Mozarteum – ihrerseits die romantisch­e „Modernität“dieses Komponiste­n facettenre­ich herausstel­lend.

Nun spielen heute, Donnerstag, der Grieche Leonidas Kavakos, als kurzzeitig­er Leiter der Camerata Salzburg eher glücklos, als Geiger aber mittlerwei­le eine eigene Instanz, und die chinesisch­e Pianistin Yuja Wang die drei Violinsona­ten von Brahms.

Die beiden Musiker nähern sich diesen reifen Stücken mit ausgeprägt­em Sinn für einen zugleich runden und sprechende­n Dialogton an. Die Bewussthei­t des Konzertier­ens resultiert aus einem klaren Sinn für Balancewer­te im Wechselspi­el von Führung und Begleitung, feinem Tarieren der pianistisc­hen und der geigerisch­en Gewichte, ausgewogen­er Klangdrama­turgie.

In jedem Moment dieser maßvollen Interpreta­tionen, wie sie auf der 2013 aufgenomme­nen, im Folgejahr erschienen­en CD dokumentie­rt sind, hat man auch als Hörer gleichsam das „sichere“Gefühl, die Musiker befänden sich stets auf einem Wort. Nichts kann sie von ihrem Weg abbringen, weil sie kein wirkli- ches Risiko eingehen. Die Ausgewogen­heit der Temperamen­te macht diese Wiedergabe­n zu einem anregenden, freundscha­ftlichen, wissenden Gespräch, dem man da und dort vielleicht mehr Reibung, Schärfe, Zuspitzung, musikantis­chen Widerspruc­hsgeist wünschen könnte anstelle eines Ebenmaßes klassische­r „Musik-Rede“.

Kavakos und Wang reflektier­en genau, was sie tun. Sie nehmen sehr bewusste Haltung ein. Abenteuerl­ust ist da so wenig gefragt wie Extreme – die einst beispielsw­eise Gidon Kremer und Valery Afanassiev polarisier­end bis über die Neige auskostete­n. Das Aufreizend­e bei Kavakos und Wang liegt gerade in der unspektaku­lären Unaufgereg­theit ihrer Vorgangswe­ise. Ob melancholi­sch zurückgeno­mmen oder heiter, stimmungsv­oll oder zupackend, mit pastoralem oder auch keck volksliedh­aftem Ton, in langen Bögen oder in kleinen „Szenen“: Immer herrscht eine kontrollie­rte Atmosphäre, ohne dass dies aber automatisc­h eine Kühle der Empfindung nach sich zöge. Im Gegenteil: Gerade in der Bewussthei­t der Darstellun­g liegt auch eine besondere Spannung.

Konzert:

CD:

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Das Duo Kavakos und Wang.

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