Der Weg ins Extreme ist nicht ihre Richtung
Der Geiger Leonidas Kavakos und die Pianistin Yuja Wang schwingen sich einfühlsam in die Musik von Brahms ein.
Wo Schumann ist, darf Brahms nicht fehlen. „Neue Bahnen“übertitelte Schumann, um 23 Jahre älter als Brahms, seinen berühmten Aufsatz, mit dem er in der Neuen Zeitschrift für Musik das überragende Jungtalent aus Hamburg pries. Kammermusik von Robert Schumann bildete in dieser Konzertsaison einen Schwerpunkt im Programm der Stiftung Mozarteum – ihrerseits die romantische „Modernität“dieses Komponisten facettenreich herausstellend.
Nun spielen heute, Donnerstag, der Grieche Leonidas Kavakos, als kurzzeitiger Leiter der Camerata Salzburg eher glücklos, als Geiger aber mittlerweile eine eigene Instanz, und die chinesische Pianistin Yuja Wang die drei Violinsonaten von Brahms.
Die beiden Musiker nähern sich diesen reifen Stücken mit ausgeprägtem Sinn für einen zugleich runden und sprechenden Dialogton an. Die Bewusstheit des Konzertierens resultiert aus einem klaren Sinn für Balancewerte im Wechselspiel von Führung und Begleitung, feinem Tarieren der pianistischen und der geigerischen Gewichte, ausgewogener Klangdramaturgie.
In jedem Moment dieser maßvollen Interpretationen, wie sie auf der 2013 aufgenommenen, im Folgejahr erschienenen CD dokumentiert sind, hat man auch als Hörer gleichsam das „sichere“Gefühl, die Musiker befänden sich stets auf einem Wort. Nichts kann sie von ihrem Weg abbringen, weil sie kein wirkli- ches Risiko eingehen. Die Ausgewogenheit der Temperamente macht diese Wiedergaben zu einem anregenden, freundschaftlichen, wissenden Gespräch, dem man da und dort vielleicht mehr Reibung, Schärfe, Zuspitzung, musikantischen Widerspruchsgeist wünschen könnte anstelle eines Ebenmaßes klassischer „Musik-Rede“.
Kavakos und Wang reflektieren genau, was sie tun. Sie nehmen sehr bewusste Haltung ein. Abenteuerlust ist da so wenig gefragt wie Extreme – die einst beispielsweise Gidon Kremer und Valery Afanassiev polarisierend bis über die Neige auskosteten. Das Aufreizende bei Kavakos und Wang liegt gerade in der unspektakulären Unaufgeregtheit ihrer Vorgangsweise. Ob melancholisch zurückgenommen oder heiter, stimmungsvoll oder zupackend, mit pastoralem oder auch keck volksliedhaftem Ton, in langen Bögen oder in kleinen „Szenen“: Immer herrscht eine kontrollierte Atmosphäre, ohne dass dies aber automatisch eine Kühle der Empfindung nach sich zöge. Im Gegenteil: Gerade in der Bewusstheit der Darstellung liegt auch eine besondere Spannung.
Konzert:
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