Und die Folgen
Europa sollte als Nettoexporteur vom schwächeren Euro profitieren, lautet die Theorie. In der Praxis halten sich die Vor- und Nachteile bestenfalls die Waage. Die EZB glaubt an den mittelfristigen Segen ihrer Politik.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist sich der Risiken ihrer Geldpolitik, insbesondere des Ankaufs von Anleihen und anderen Wertpapieren, bewusst, aber die damit einhergehende Schwäche des Eurokurses bereitet ihr keine Sorgen.
EZB-Präsident Mario Draghi ließ nach der Sitzung des Gouverneursrates am Mittwoch keinen Zweifel daran, dass er das Kaufprogramm für richtig und auch effizient hält. Es gebe klare Beweise, dass die Maßnahmen wirkten, sagte Draghi, für Unternehmen und Private habe sich die Situation bei Ausleihungen verbessert, es gebe auch Anzeichen für mehr Nachfrage nach Krediten.
Für Draghi besteht daher überhaupt kein Anlass, darüber nachzudenken, ob man das Programm verändern oder gar vorzeitig beenden sollte. Er sei überrascht, dass solche Fragen schon wenige Wochen nach Start der Anleihekäufe gestellt würden, sagte Draghi und wies darauf hin, dass beabsichtigt sei, die Käufe bis September 2016 fortzusetzen.
Erfolgsmaßstab für alle geldpolitischen Maßnahmen der EZB und daher auch der Anleihekäufe sei die Inflationsrate sowie die Inflationserwartungen. Ein allmählicher Anstieg zeichne sich ab, auch wenn die Inflation in den nächsten Monaten niedrig oder negativ bleiben werde.
In der EZB sei man sich bewusst, dass langfristig niedrige Zinsen ein Problem seien, bisher gebe es aber keine Anzeichen für eine Blase an den Anleihemärkten oder für andere Ungleichgewichte, sagte Draghi. Es sei vielmehr so, dass sich die Geldpolitik in höheren Wachstumsprognosen niederschlage. Die Aussichten für eine Erholung hätten sich verbessert, die Risiken hätten sich verringert. Der schwache Eurokurs beunruhige ihn nicht, sagte Draghi. Zudem sei der Wechselkurs kein Ziel der EZB, sondern das Ergebnis der unterschiedlichen geldpolitischen Zyklen in der Welt.
Der Euro hat gegenüber dem USDollar binnen einem Jahr ein Fünftel an Wert eingebüßt. „Es brechen wegen des schwachen Euro nicht alle in Jubelschreie aus“, sagt Karl Hartleb, stellvertretender Leiter der Außenwirtschaft Österreich. Mitteleuropas Industrie habe gelernt, mit einem teuren Euro zu leben. Die Abwertung mache keine neuen Märkte auf, „aber sie hilft“.
Das bestätigt einer der großen heimischen Exporteure, die voestalpine. Solange die Kursveränderung in einer Bandbreite von 1,0 bis 1,4 bleibe, sei das „daily business“. Der Konzern profitiert von der Verbilligung der Ausfuhren außerhalb der EU, die 30 Prozent des Umsatzes ausmachen. Zugleich verteuern sich aber Rohstoffe wie Erz und Kohle. Spürbar würden beide Effekte erst im laufenden Geschäftsjahr, am Ende würden sie sich aber ausgleichen, sagt voestalpine-Konzernsprecher Peter Felsbach.
Generell bringe der schwache Euro aus österreichischer Sicht relativ wenig, sagt Hartleb. 80 Prozent der Exporte gehen nach Europa, 60 Prozent in den Euroraum. In Schwellenländern profitieren die Exporteure indirekt von der Verteuerung des nach wie vor dominanten Dollar. Deutlich wird der Effekt bei USExporten, die 2014 erneut um zehn Prozent gestiegen sind.
Bei den Einfuhren kommen 40 Prozent nicht aus der EU, insbesondere Energie. Eine Folge der Euroschwäche: Die Spritpreise an den Tankstellen sind zuletzt gestiegen, obwohl sich der Ölpreis in Dollar kaum verändert hat. Auch die jüngsten Preiserhöhungen beim Kaffeekonzern Tchibo haben mit dem hohen Dollarkurs zu tun.
Deutschlands Modeszene hat Anfang April steigende Preise in Aussicht gestellt. Bei Branchengrößen wie Esprit oder der Versandhandelskette Unito (Quelle, Otto, Universal) sind die Kurse mittelfristig abgesichert, wie es weitergeht, wollte Unito-Geschäftsführer Ha- rald Gutschi nicht sagen. Auch bei Mobiltelefonen und Kameras, die überwiegend aus Asien kommen, ist von der Euroschwäche noch nichts zu spüren. Sie werde aber „den normalen Preisverfall“bei Neugeräten bremsen, sagt Robert Hartlauer, Chef der gleichnamigen Handelskette. Er rät den Kunden, jetzt zu kaufen, denn „irgendwann wird es definitiv teurer“. Einige Großhändler hätten schon Preisänderungen angekündigt.