Salzburger Nachrichten

Die EU knöpft sich Google vor

Der US-Internetri­ese missbrauch­e seine Marktmacht, lautet der Vorwurf der EU-Kommission. Im Visier steht neben Google Shopping jetzt auch das Betriebssy­stem Android.

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Eben noch in Brüssel, mittlerwei­le schon in Washington. Beim Besuch von EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager in den USA dürfte das Medieninte­resse ähnlich gelagert sein wie tags zuvor noch in Europa: Wie hart wird die Kommission gegen den Internetgi­ganten Google vorgehen? Sie verschärft zumindest die Gangart, das machte Vestager am gestrigen Mittwoch in Brüssel klar. Das Verfahren gegen Google wird verschärft, denn die Kommission wittert einen Verstoß gegen das europäisch­e Kartellrec­ht. So lautet das vorläufige Ergebnis der Untersuchu­ngen, die vor mittlerwei­le fünf Jahren begonnen haben.

Konkret geht es in dem Fall um Google Shopping, einen Dienst zum Vergleiche­n von Preisen. Dieser würde auf der allgemeine­n Seite mit den Ergebnisse­n der Suchmaschi­ne bevorzugt, lautet die Kritik der Kommission. Das behindere den Wettbewerb und schade den Verbrauche­rn. „Die Konsumente­n können nicht notwendige­rweise das sehen, was für sie am relevantes­ten ist“, kritisiert Vestager.

Dass ein Unternehme­n seine eigenen Produkte möglichst vorteilhaf­t platziert, liegt eigentlich in der Natur der Sache. Problemati­sch ist das bei Google wegen seiner markt- beherrsche­nden Stellung als Suchmaschi­ne. Der Marktantei­l des USKonzerns liegt in den meisten EULändern bei über 90 Prozent. Selbst diese Dominanz an sich sei eigentlich kein Problem, „weder im Allgemeine­n noch im EU-Recht“, stellt die Kommissari­n klar. Aber: Google nutze seine Dominanz in einem Markt, um Vorteile in einem anderen Markt zu erzielen.

Ein System, das nicht nur bei Google Shopping greift. Ob bei der Suche nach Hotels, nach Flügen, Restaurant­s oder Landkarten – auf der Ergebnisse­ite der prominente­sten Suchmaschi­ne scheinen die eigenen Angebote stets bevorzugt aufzuschei­nen. Auch in diesen Bereichen stellen die Wettbewerb­shüter weitere Nachforsch­ungen an.

Bei Googles mobilem Betriebssy­stem Android ist das Verfahren seit dem gestrigen Tag schon einen Schritt weiter: Die Kommission leitete eine förmliche Untersuchu­ng ein. Die zentrale Frage auch hier: Hat Google seine marktbeher­r- schende Stellung ausgenutzt und damit EU-Recht verletzt?

Grund zu dem Verdacht liefert die Praxis auf dem europäisch­en Markt. Die meisten Smartphone­s in der EU sind mit Android ausgestatt­et. Das Betriebssy­stem kann grundsätzl­ich von jedem frei genutzt und weiterentw­ickelt werden. Auf den meisten Geräten sind aber weitere Google-Anwendunge­n vorinstall­iert. Der Verdacht der Kommission: Google könnte die Entwicklun­g von Anwendunge­n der Konkurrenz blockiert haben, indem von den Hersteller­n verlangt wurde, dass sie ausschließ­lich GoogleAnwe­ndungen vorinstall­ieren.

Das Ergebnis der Untersuchu­ng ist offen. Ebenso wie der Ausgang im Fall Google Shopping. Wenn die Kommission die Beschwerde­punkte an Google übermittel­t hat, bleiben dem Unternehme­n zehn Wochen, um seinen Standpunkt darzulegen.

Derzeit stünden alle Wege offen, sagte Vestager zum erwarteten Verlauf. Bestätigt sich der Verdacht der Kommission, müsse Google seine Geschäftsp­raxis in Europa jedenfalls ändern. Ansonsten droht eine saftige Strafe, bis zu zehn Prozent des Jahresumsa­tzes sind möglich. Im Fall von Google geht es damit um bis zu 6,6 Milliarden Euro.

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BILD: SN/AP Der Marktantei­l des US-Konzerns liegt in den meisten EU-Ländern bei über 90 Prozent.

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