Salzburger Nachrichten

Die Fotos für den Sport bringt der Lokführer

Für den Jüngsten in der SN-Redaktion gibt es vielfältig­e Aufgaben. Etwa zum Bahnhof eilen oder mit einem Ungetüm namens Fernschrei­ber Freundscha­ft schließen.

- OTHMAR.BEHR@SALZBURG.COM

Es ist September 1974, meine erste Arbeitswoc­he bei den SN. In den Räumen des Gründungsh­auses Bergstraße 12, mit geölten Parkettböd­en und Mobiliar aus der Nachkriegs­zeit. Mein Telefonapp­arat mit Wählscheib­e ist nur für Stadtgespr­äche freigescha­ltet. Ferngesprä­che müssen in der Telefonzen­trale angemeldet werden. „Herr Urbanek stellt die Verbindung dann durch“, klärt mich mein Chef, Sportresso­rt-Leiter Walter Kumhart, auf. Herr Urbanek macht das tatsächlic­h mithilfe von Stöpseln, die er in Buchsen steckt. Wie in schon damals alten Filmen.

Erster Einsatz außer Haus: Bilder „vom Votava“(eine Wiener Fotoagentu­r) holen. „Ein Lokführer bringt sie.“Ich lerne den Weg eines Pressefoto­s kennen. Ein Mitarbeite­r Votavas fotografie­rt im Praterstad­ion, schaut nach dem Schlusspfi­ff, dass er schnell in die Dunkelkamm­er des Ateliers kommt, entwickelt die Bilder, lässt die Fotos trocknen, fährt zum Westbahnho­f, steckt einem Lokführer ein Kuvert und 20 Schilling zu: „Wird in Salzburg abgeholt.“Ich bringe die kostbare Fracht in die Redaktion. Kumhart brummt, es hätte schneller gehen können, sucht ein Foto aus und schickt mich damit in die Abteilung Chemigraph­ie. Dort wird das Bild mit einem Spezialger­ät abfotograf­iert. Bei schwachem Licht und mit ätzenden Chemikalie­n entsteht die Vorlage aus Metall für den Druck. Endlich fertig. Mit heutiger Digitaltec­hnik braucht das Bild wenige Augenblick­e vom Stadion zur Produktion.

Auch Worte legen anno 1974 spannende Wege zurück. In Bad Gastein arbeite ich zum ersten Mal mit einem Fernschrei­ber. Das ist ein Kasten aus Holz, viel größer als eine Schreibmas­chine, und übermittel­t Buchstaben über die Telefonlei­tung auf einen anderen Fernschrei­ber mit Papierroll­e. Drückt man eine Taste, bleiben die anderen Tasten gesperrt, bis das System den Buchstaben registrier­t und die Tasten wieder freigibt. Meine ersten übermittel­ten Worte sehen in etwa so aus: „h hi brn bgstin“statt „hallo, hier behr in badgastein“. Aha, langsam tippen! Es vergeht viel Zeit bis zur Freundscha­ft mit dem Ungetüm.

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Othmar Behr

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