Einsamkeit ist so schädlich wie Rauchen
Menschen, die in sozialer Isolation leben, können krank werden. Einsamkeit ist äußerst gesundheitsgefährdend – auch für Jüngere.
WIEN. Ältere Menschen, die allein leben und einsam sind, werden häufiger krank, leiden häufiger unter Depressionen und haben ein signifikant höheres Risiko, vorzeitig zu sterben. Das gilt vor allem für alleinstehende alte Männer. Zahlreiche Studien haben das gezeigt.
Die neueste Studie zu diesem Thema veranschaulicht, dass das nicht nur für betagte Menschen gilt, die in sozialer Isolation leben. Auch jüngere, noch fitte Menschen unter 65 Jahren haben ein deutlich erhöhtes Sterberisiko, wenn sie zu wenig Ansprache haben. Einsamkeit scheint ein Faktor zu sein, der das Sterberisiko erhöht, unabhängig von Krankheit oder Alter.
Bei jüngeren Menschen scheint der Zusammenhang zwischen Isolation und Sterberisiko sogar noch deutlicher zu sein. Aus PublicHealth-Perspektive sei es deshalb nötig, sich dem Problem der wachsenden Zahl von Alleinlebenden zu stellen, betont Studienleiterin Juli- anne Holt-Lunstad, Psychologin an der Brigham Young University. Soziale Isolation könnte epidemische Ausmaße wie die Grippe annehmen, warnt sie. Überhaupt: Die Singlerate steige allgemein in den reicheren Ländern der Welt stark an, so auch in den USA. Dort ist sie derzeit so hoch wie noch nie. Auch in Österreich ist die Zahl der Singlehaushalte in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Wurde 1971 jeder gerade einmal jeder vierte Privathaushalt (25,6 Prozent) von nur einer Person bewohnt, war es 2011 bereits jeder dritte (36,3 Prozent).
Die Wissenschafter der Brigham Young University in Provo/Utah werteten für ihre Metaanalyse Daten aus mehr als 70 Studien aus dem Zeitraum 1980 bis 2014 aus, die rund drei Millionen Menschen umfassten. Fokus der Studien war jeweils der Zusammenhang zwischen den Faktoren Einsamkeit, soziale Isolation, Alleinleben und Sterblichkeit.
Ergebnis: Vereinsamung und soziale Isolation bedrohen die Lang- lebigkeit eines Menschen in einem ähnlich hohen Ausmaß wie Rauchen, Alkoholmissbrauch oder Fettleibigkeit.
Einsamkeit und soziale Isolation sind womöglich auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu erkennen und können sich ganz unterschiedlich zeigen. Schon das Gefühl, einsam zu sein, erhöht bei einem Menschen das Sterblichkeitsrisiko um 26 Prozent. Objektive Einsamkeit durch soziale Isolation (Einsiedlerdasein) oder die fehlende Einbettung in ein Gemeinschaftsgefüge (Familie, Arbeitsgemeinschaften, Vereine) haben noch schlimmere Auswirkungen auf die Gesundheit als das subjektive Gefühl, einsam zu sein, obwohl man von Menschen umgeben ist. Hier steigt das Sterberisiko um bis zu 32 Prozent.
Die Wissenschafter prüften verschiedene Szenarien, die aus dem sozioökonomischen Status, dem Alter, dem Geschlecht und eventuellen bereits bestehenden Erkrankungen bestanden.
Während der Mangel an sozialen Beziehungen ein zusätzliches Gesundheitsrisiko darstellt, zeigte sich umgekehrt, dass Gemeinschaft eine äußerst protektive Wirkung auf die Gesundheit hat. Wer nicht allein ist, sondern von Menschen umgeben, dessen Immunsystem funktioniert offenbar auch besser. Schon frühere Studien haben gezeigt, dass Männer, die nach einer Scheidung allein leben, ein höheres Risiko haben, krank zu werden und früher zu sterben, als Männer, die in einer Partnerschaft leben. Psychologen unterscheiden zwei Formen von Einsamkeit: Die emotionale Einsamkeit zeigt sich, wenn ein enger Vertrauter fehlt, ein Partner, mit dem man sich eng verbunden fühlt.
Die soziale Einsamkeit dagegen weist darauf hin, dass es grundsätzlich an sozialen Beziehungen mangelt, an Unterstützung durch Freunde, Nachbarn oder Kollegen.