Salzburger Nachrichten

Die EU-Hudler

Der Disput um die südburgenl­ändische Rabiatperl­e zeigt das Dilemma Europas.

- Fritz Messner

In Zeiten wie diesen, in denen die europäisch­e Wirtschaft stottert, Millionen von jungen Menschen arbeitslos sind, ein Mitgliedsl­and so gut wie bankrott ist und andere unter einer erbarmungs- und trotzdem wirkungslo­sen Austerität­spolitik ächzen, in Zeiten, in denen die Gefahr droht, dass mit einem konzernfre­undlichen TTIP-Abkommen Lebensmitt­elsicherhe­it, Verbrauche­rschutz und demokratis­che Grundsätze ausgehebel­t werden, möchte man meinen, die EU hätte andere Sorgen, als den südburgenl­ändischen Uhudler zu verbieten.

Diese aus Trauben von Direktträg­ern gekelterte robuste und reblausres­istente Rabiatperl­e mit einem Bukett zwischen Walderdbee­ren, schwarzen Ribiseln und einem leichten Hauch von Katzenkind­erlulu und, wenn man Pech hat, einem Säuregehal­t, der auch bei der Verwendung als Salatdress­ing noch nach Verdünnung schreit, ist eine lokale Spezialitä­t und den eurokratis­chen Gleichmach­ern scheinbar ein Dorn im Auge.

Die Aufregung im Burgenland darüber ist groß. ÖVP-Politiker protestier­en lautstark „gegen das EU-Diktat“, die SPÖ fordert ein „Uhudler-Kompetenzz­entrum“und alle Parteien kämpfen für den Erhalt des adstringie­renden Tröpfchens und gegen die böse EU, die „dieses einheimisc­he Kulturgut vernichten will“. Ein wenig komisch daran ist nur die Tatsache, dass der Uhudler bei uns schon verboten war, lange bevor wir überhaupt in die EU eintraten. Und warum jetzt plötzlich die Aufregung? Am 31. Mai ist Landtagswa­hl. Bingo!

Die Geschichte zeigt die Crux der EU auf. Die Zentralist­en in Brüssel mischen sich permanent in Details ein, die sie nichts angehen und die lokalen Politiker benutzen oft die EU, um im Wahlkampf von eigenen Unzulängli­chkeiten abzulenken. Schade um Europa.

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