Putin (be)stellt sich Bürgerfragen
Der Kremlchef bestreitet, dass in der Ukraine russische Truppen kämpfen.
Trotz massiver Kritik am Regierungskurs in Krisenzeiten will Kremlchef Wladimir Putin an seiner Politik festhalten. „Experten glauben, dass wir den Höhepunkt der Krise überwunden haben“, sagte der Präsident bei seiner TV-Sprechstunde „Direkter Draht“am Donnerstag.
Er gestand ein, dass das Land unter den vom Westen in der Ukraine-Krise gegen Russland verhängten Sanktionen leide. Letztendlich könne die Wirtschaft aber von den Strafmaßnahmen sogar profitieren. „Man muss es als Chance sehen.“Putin warf dem Westen vor, die Sanktionen aus politischen Gründen aufrechtzuerhalten. Es gehe der EU und den USA darum, Russland damit zu schwächen, und nicht darum, der Ukraine zu helfen. Zur vierstündigen Sendung waren mehr als drei Millionen Fragen eingegangen. Bei Live-Schalten in Teile des Landes äußerten Bürger Sorgen etwa über die hohe Inflation. Auf der Baustelle von Russlands Raumfahrtbahnhof Wostotschny posierten Arbeiter, andernorts waren Weltkriegsveteranen zu sehen.
Putin forderte vom Westen mehr Respekt für die Interessen Russlands. Die USA wollten aber keine Verbündeten. „Als Supergroßmacht brauchen sie Vasallen“, sagte er. Washington versuche, der Welt sein politisches und wirtschaftliches Modell aufzuzwingen. Auch die UdSSR habe dies in Osteuropa versucht. Das sei aber ein Fehler gewesen. Der Kremlchef kritisierte eine Gleichsetzung von Nationalso- zialismus und Stalinismus, wie dies Papst Franziskus vor Kurzem getan hatte. Dieser Vergleich sei unmöglich, weil ein offenes Ziel Hitlers die Ausrottung von Juden und Slawen gewesen sei. Auch wenn man „die Hässlichkeit der Stalin-Ära“bedenke, habe sich dessen Regime nie den Völkermord zum Ziel gesetzt.
Im Ukraine-Konflikt warf Putin der Führung in Kiew Fehler vor. Präsident Petro Poroschenko habe gleich mehrere Chancen für eine friedliche Lösung der Krise mit bisher mehr als 6000 Toten verstreichen lassen. Putin wies erneut Vorwürfe zurück, dass die russische Armee in der Ostukraine kämpfe. Besorgt äußerte sich der Kremlchef über die Vielzahl politischer Verbrechen in der Ukraine. Der Westen sehe über diese Fälle hinweg.