Song Contest? Nein, it’s Rock ’n’ Roll!
Dass The Makemakes beim Song Contest eine Ballade spielen, lässt sich bei ihren Konzert erfreulich leicht vergessen.
SALZBURG. Dominic Muhrer bringt die meisten im Saal zum Mitsingen. Das gehört zum Jobprofil des Frontmanns einer Band. Ungewöhnlich ist lediglich der Zeitpunkt, zu dem er das wagt.
Mit einem Instrumentalstück haben The Makemakes ihr ausverkauftes Konzert im Rockhouse eröffnet. Psychedelisch winden sich Gitarren. Der Bass klopft eindringlich. Das Schlagzeug hält nicht bloß Takt, sondern mischt sich richtig ein. Hendrix, CCR, Bob Marley oder der Classic Rock der späten 1970erJahren werden einem einfallen in den nächsten eineinhalb Stunden. Sie klingen aber nur als Verweise mit, niemals als banale Kopiervorlage. Was da tost, ist jedenfalls weit entfernt von der Ballade „I Am Yours“, mit der die Salzburg-Mondsee-Band im Mai beim Österreich beim Song Contest vertreten wird.
Mit der musikalischen Allerweltshaltung des Song Contests hat ein Makemakes-Konzert nichts zu tun. Dennoch schwebt der Song Contest er über allem, was The Makemakes zurzeit tun. Das Großereignis raubt den drei den Schlaf. Sie jetten durch halb Europa. Bei den Terminen geht es kaum um laute Gitarren, dafür muss über die Bedeutung des Song Contests für Österreich geplappert werden und manchmal bleibt bei Terminen in Budapest, Moskau oder Krakau sogar Zeit für einen zweiten Song neben „I Am Yours“. Und dann, am Ende der Ochsentour, werden 200 Millionen zuschauen. Sie werden nicht annähernd erspüren, was derzeit in bummvollen Konzertsälen passiert.
Muhrer, Bassist Markus Christ und Schlagzeuger Florian Meindl nutzen den aktuellen Moment der Aufmerksamkeit geschickt, um Langzeitbeobachter – und beim Heimspiel in Salzburg sind besonders viele da – in ihren Hoffnungen zu bestätigen und gleichzeitig den Hype-Mitläufern zu zeigen, was sie wirklich können. So ein richtiges Konzert entfaltet in der Song Contest-Maschinerie geradezu kathartische Wirkung. Als wollten sie dem medialen Remmidemmi trotzen, schlagen sie ihre Songs an. It’s only Rock ’n’ Roll, aber der ist zu mögen!
Woran noch fest gearbeitet werden muss, ist die Setlist. Noch passt da nicht alles zusammen. Zu oft noch reißt der dramaturgische Faden zwischen den Songs. Da entstehen längere Pausen. Bisher fiel das nicht besonders ins Gewicht, wenn bei den meisten Konzerten ein überschaubarer Kreis Eingeweihter erschien. Nun aber gibt’s auch Laufkundschaft, hauptsächlich angezogen von der Blase des Ruhms, in der The Makemakes weltberühmt in Österreich und ein bisserl schon auch in Europa sind. Solch ein Publikum tut schnell gelangweilt, hofft nur auf Erwartbares. Nun bieten die drei Herren allerdings überwiegend Songmaterial, das nichts mit ihrem Song-Contest-Sound zu tun hat. Gitarrenritte, Basstrommeln. Schlagzeugsausen. Nichts Weichliches. „I Am Yours“fällt da aus der Rolle.
Etwa zur Mitte des Konzerts spielen sie den Song, der zurzeit in aller Ohren ist. Und der rasch aufbrandende Jubel zeigt, dass viele im Publikum wohl nur dieses Songs wegen gekommen waren. Statt mit Feuerzeugen wird die romantisierende Powerballade mit hochgehaltenen Smartphones zum Mitbringen nach Hause aufgezeichnet. Ist im Moment halt das, was für eine genügsame Masse zählt.
Dabei war es ein ganz anderer Moment, der das hart erspielte Wesen dieser Band repräsentiert: Das psychedelische Intro an Anfang hallt aus. Und da, zwei, drei Minuten, nachdem die Band im Dunklen auf die Bühne kam, fordert Sänger Muhrer in den abklingenden Applaus hinein schon die erste Publikumspartizipation. Ungewöhnlich frech ist das. Kein Aufwärmen. Kein Warmtanzen. Wer solches wagt, unterstreicht den festen Willen zur Überwältigung. Und es zeigt, wie sicher sich diese Band ihrer Sache ist.
Das liegt nicht nur daran, dass The Makemakes ein Heimspiel haben. Es liegt vor allem daran, dass sie in den Konzerten zwischen dem aktuellen Promotion-Schnickschnack und einem europaweiten Werbefeldzug für den Song Contest zeigen können, was sie wirklich sind: eine Rockband gewachsen aus der tiefen Überzeugung, dass aus der Summe der einzelnen Teile, dem Gespür für Rockgeschichte und einem Talent für süffige Melodien, jedenfalls für eine Stunde oder eineinhalb, die Welt zu bewegen ist. Dafür werden sie spielen, spielen, spielen – zwischendurch den Song Contest erledigen – und dann wieder spielen, spielen spielen.