„Nicht reden – machen“
Was tun gegen die Tragödien auf dem Mittelmeer? Zwei reiche Malteser investieren rund zwei Millionen Euro in ein Boot und retten Menschen.
Während andere sich den Kopf zerbrechen, handeln Christopher und Regina Catrambone: Aus persönlicher Betroffenheit und aus eigener Tasche rüstete das maltesische Unternehmerpaar einen Fischtrawler zu einer Hilfsstation für Schiffbrüchige um. Christian Peregin, Sprecher der gegründeten Organisation MOAS (Migrant Offshore Aid Station) erklärt, wie die Einsätze auf dem Mittelmeer ablaufen. SN: Die „Phoenix“war vergangenen Sommer 60 Tage im Einsatz und rettete 3000 Menschen das Leben, am 2. Mai wird sie wieder auslaufen. Warum gab es dazwischen eine so lange Pause? Peregin: Das war so geplant. Die Catrambones standen letztes Jahr vor der Wahl: entweder Spenden sammeln und danach mit dem Projekt beginnen – oder das Schiff auf eigene Kosten ausrüsten und damit eine Inspiration für andere sein. Sie ha- ben sich für Zweitgenanntes entschieden. Für diesen Sommer mussten deshalb erst Spenden gesammelt werden. Jetzt haben wir Geld für weitere sechs Monate. SN: Was kostet der Einsatz? 400.000 Euro pro Monat. Für eine 20-köpfige Crew samt Ärzten, für die „Phoenix“, zwei kleinere Boote und zwei Helikopterdrohnen, die mit Nachtsicht- und Wärmebildkameras ausgestattet sind. SN: Triton, die GrenzschutzMission der EU, überwacht nur die Küstengewässer vor Italien. Viele Flüchtlingsboote kentern aber schon viel früher. Wie weit fahren Sie hinaus? Bis vor die libysche Küste. Die Drohnen haben eine Reichweite von hundert Kilometern und können sechs Stunden lang in der Luft sein. Wir reagieren auf Hinweise des Koordinationszentrums zur Seenotrettung in Rom, wir suchen aber auch selbst nach Booten in Not. Es gibt wohl auch Schiffsgesellschaf- ten oder Tanker, die guten Willens sind, Flüchtlinge in Seenot aufzunehmen. Aber es ist sehr wichtig, wie man sich diesen Booten nähert. SN: Wie? In der Vergangenheit sind Boote oft dann gekentert, wenn die Rettung schon nahte. Die Menschen geraten in Panik, haben Angst, dass nicht alle an Bord des Rettungsschiffs Platz finden, sie lehnen sich alle auf eine Seite und das Boot kippt. Viele können nicht schwimmen oder sind zu geschwächt. Deshalb nähern wir uns zunächst mit einem unserer kleineren Boote mit einem Megafon. Wir machen jemanden ausfindig, der Englisch spricht, und bitten ihn zu übersetzen, dass wir genug Platz, Wasser und Rettungsjacken für alle dabeihaben. Dann erst beginnen wir mit der Rettung. SN: Wie viele Menschen passen auf die „Phoenix“? Bei einer Rettungsmission ist das eine relative Frage. Was wollen Sie machen, wenn nicht alle aufs Schiff passen – die Leute ertrinken lassen? Um Ihnen einen Eindruck zu vermitteln: Die „Phoenix“ist 40 Meter lang. Bei einem unserer letzten Einsätze haben wir 331 Flüchtlinge aufgenommen. SN: Ist all das nicht eigentlich Aufgabe der Politik? Es gibt Leute, die sagen, der Flüchtlingsstrom ist ein so komplexes Problem, dass wir analysieren müssen: Warum fliehen die Menschen? Was können wir tun, damit sie nicht fliehen? Das ist alles richtig. Aber heute steigen Menschen in Nordafrika in ein Boot und werden ertrinken, wenn wir nicht rausfahren. Da darf man nicht reden, da muss man etwas machen.