In Südafrika jagen Schwarze zugezogene Schwarze In der „Regenbogennation“explodiert bei den wirtschaftlich Zukurzgekommenen wieder der Fremdenhass.
Mit der Küstenmetropole Durban verbinden Südafrikaner für gewöhnlich Palmen, Strände und ein ständig warmes Meer. Zumal die Tage selbst im Winter, wenn es beim touristischen Rivalen Kapstadt stürmt und regnet, hier zumeist sonnig und milde sind.
Umso größer war der Schock im Land über das, was sich in der Innenstadt der Ferienmetropole, aber auch in anderen Teilen der Küstenprovinz KwaZulu-Natal (KZN) zuletzt ereignet hat: Wie Tiere jagten hier schwarze Südafrikaner tagelang ihre aus anderen Teilen des Kontinents hergezogenen schwarzen Brüder und Schwestern.
Das Muster war dabei oft gleich: Sobald der Mob in dem Besitzer eines der vielen kleinen Läden im Herzen von Durban einen Zuzügler aus Afrika ausmachte, wurde der Shop geplündert und oft zusammen mit dem Besitzer in Brand gesteckt. Bis jetzt wurden sieben Menschen getötet, viele andere verletzt.
Inzwischen haben Hunderte schwarze Immigranten, vorwiegend aus Malawi, Somalia und dem Kongo, voller Angst in Polizeistationen Zuflucht gesucht. Zurück in Wolfgang Drechsler berichtet für die SN aus Südafrika ihre geplünderten Behausungen wollen und können sie nicht. „Lieber zurück in die Hölle der Heimat als das hier“, sagte ein Immigrant entgeistert. Somalia will die eigenen Landsleute so schnell wie möglich nach Hause bringen. Yusuf Olusu, Handelsdelegierter der somali- schen Botschaft in Johannesburg, bezeichnete sein vom Bürgerkrieg ruiniertes Land sogar als „sicherer als Südafrika“.
Auslöser der Pogrome war eine Äußerung von Zulukönig Goodwill Zwelithini. Der Monarch hatte vor einigen Wochen bei einer Rede die südafrikanische Regierung ausdrücklich zum Rauswurf der Ausländer gedrängt. Obwohl Zwelithini dies nun heftig bestreitet, sagte er damals wörtlich: „Wir wollen, dass Ausländer ihre Sachen packen und nach Hause gehen.“Als wenig hilfreich erwies sich dabei, dass ausgerechnet Edward Zuma, Sohn des südafrikanischen Präsidenten, dem Zulukönig beipflichtete, als er vor Kurzem in einem Radiointerview davor warnte, dass Südafrika auf einer Zeitbombe sitze und Ausländer das Land übernehmen wollten.
Neu sind ausländerfeindliche Pogrome in Südafrika nicht. Bereits vor sieben Jahren kamen bei ähnlichen Unruhen um Johannesburg mehr als 60 Menschen ums Leben, damals vor allem Zuwanderer aus den Nachbarstaaten Mosambik und Simbabwe. In Kapstadt trifft es hingegen vor allem die geschäftstüchtigen Somalier. Seit 2006 sind allein dort mehr als 100 Somalier von Südafrikanern ermordet worden.
Immer deutlicher wird nun, dass der Traum des vor rund 18 Monaten verstorbenen Gründervaters Nelson Mandela von einem farbenblinden Südafrika („Regenbogennation“) vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit und einer der höchsten Kriminalitätsraten der Welt wohl vorüber ist. Dass der Rassismus am Kap heute ganz überwiegend von den einst Unterdrück- ten ausgeht, kann viele Beobachter nicht überraschen: Für Moeletsi Mbeki, den Vizechef des südafrikanischen Instituts für internationale Angelegenheiten und Bruder von Ex-Präsident Thabo Mbeki, liegen die Ursachen für die Gewalt in den vielen Versäumnissen der Regierungspolitik in den vergangenen 15 Jahren. So hätte der seit 1994 regierende Afrikanische Nationalkongresss (ANC) viel mehr tun müssen, um die Armut effektiv einzudämmen. Stattdessen habe sich ein kleiner schwarzer Klüngel massiv bereichert.
Auf der Suche nach einem Sündenbock für ihre verzweifelte Lage stoßen schwarze Südafrikaner auf die oft weit erfolgreicheren Zuzügler aus dem übrigen Afrika, die mit besserer Ausbildung den Einheimischen das Wasser abgraben.