Das Ende des Kirchenbeitrags?
Ein Grazer Theologe befürwortet eine Steuerwidmung, die jeder völlig frei der Kirche oder dem Staat zuwenden könnte. Das „Zwangsgesetz aus der NS-Zeit“hätte ausgedient.
Basis des Buchs ist das 2012 in Graz durchgeführte Symposium „Kirchenfinanzierung im Vergleich“. Die Beiträge von damals wurden ergänzt, auch neue Artikel kamen hinzu. Der vom Nationalsozialismus in okkupierten und annektierten Ländern eingeführte Kirchenbeitrag blieb, so Höfer in seinem Text, nur in Österreich bestehen. Das entsprechende Gesetz wurde 1939 nach dem „Anschluss“an Hitlerdeutschland erlassen. Der Theologe stellt in seinem Beitrag die Frage, ob das Relikt aus der NSZeit Zukunft habe oder ob nicht die Steuerwidmung für Kirchen und Staat eine sinnvolle Alternative darstellen könne.
Kritik am heimischen Kirchenbeitragswesen gab es seit der Nachkriegszeit, 1968 scheiterte ein vom Unterrichtsministerium unternommener Versuch einer Neuregelung. Auch ein 1982 gestarteter Vorstoß der Bischofskonferenz zur Erarbeitung eines neuen Kirchenbeitragsgesetzes versandete. Laut Höfer ist das Modell der Steuerwidmung seit den 1980er-Jahren in Europa im Vormarsch. So könne etwa in Italien jeder Steuerpflichtige acht Promille völlig frei dem Staat oder einer anerkannten Religionsgemeinschaft widmen und mit der Steuererklärung zuweisen. Ähnliche Widmungsmodelle existieren in Spanien, Ungarn, Polen, Rumänien und Liechtenstein. „Sollte in Österreich die Steuerwidmung eingeführt werden, ist die Möglichkeit zum Austritt aus einer Religionsgemeinschaft jedenfalls aufrechtzuerhalten, damit nicht der Eindruck entsteht, es würde ein seit 1868 eingeführtes Recht beseitigt“, sagt Rudolf K. Höfer. Und: „Italien kennt kaum Kirchenaustritte, weil ein fi- nanzieller Anreiz dafür fehlt.“Höfer bricht eine Lanze für das Modell der Steuerwidmung: „Sollen Kirchenbeitragsvorschreibungen auf der Basis von Schätzungen, Mahnungen, Klagen, Exekutionen, SMS und Kosten der Einhebung von mindestens 35,4 Millionen Euro jährlich der Vergangenheit angehören“, sollten sich Kirchenleitungen und Politik auf eine Widmung einigen. Diese würde ein „nicht absehbares neues Engagement sowohl für die Religionsgemeinschaften wie auch für den Staat ermöglichen“. Zudem wäre auch ein „Zwangsgesetz aus der NS-Zeit“, das auf Zerstörung der Religionsgemeinschaften und der gesellschaftlichen Solidarität abgezielt habe, überwunden.
Mit einer Widmung von zwei Prozent der eigenen Steuerleistung würde, so Höfer, eine Umstellung zur Gänze selbst finanzierbar sein. Die Kirchen hätten gleich viel Aufkommen wie bisher. „Diese freie Entscheidung bei der Widmung an einen staatlichen Kulturfonds oder eine Religionsgemeinschaft sollte für alle Bürger akzeptabel sein“, betont Höfer und weist auch darauf hin, dass der bestehende Kirchenbeitrag für viele ein Hauptmotiv für den Kirchenaustritt sei.
In England und Schottland finanzieren sich die Kirchen großteils aus den eigenen Vermögenssubstanzen und nur teilweise über Beiträge. In Frankreich und Slowenien sind die Religionsgemeinschaften auf Spenden angewiesen. Eine Einhebung der Kirchensteuer durch den Staat kennen Länder wie Deutschland und Schweden. Die Tätigkeit der evangelischen Nationalkirchen wird in sämtlichen nordischen Ländern vom Staat mitfinanziert. Laut Rudolf Höfer hätte eine Steuerwidmung in Österreich auch den Vorteil, dass eine ausländische Finanzierung durch unerwünschte Geldgeber bei Moscheen hintangehalten werden kann. Die Debatte über das Islamgesetz sei ein Anlass, die Modelle zur Finanzierung von Religionsgemeinschaften zu erörtern.
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