Salzburger Nachrichten

Pilger tragen Smartphone statt Rosenkranz Auszeit, Stille, Sinnsuche: Moderne Pilger brechen aus unterschie­dlichsten Gründen auf.

- SALZBURG.

Der Pilger des Mittelalte­rs hatte einen breiten Hut auf dem Kopf und einen Stab in der Hand. Er hatte einen Mantel dabei, eine Tasche aus Leder und einen Rosenkranz.

Der Pilger von heute trägt Funktionss­hirts, Goretex-Jacke und wasserdich­te Trekkingsc­huhe. Und er hat das Smartphone im Rucksack verstaut.

Nicht nur das äußere Erscheinun­gsbild des Pilgers ist heute ein gänzlich anderes – auch die Motive haben sich gewandelt. Früher pilgerte man, um das Seelenheil zu erlangen oder die Vergebung der Sünden, um zu büßen oder um Gott zu danken.

Diesen Typus des religiösen Pilgers gibt es zwar nach wie vor. Schließlic­h sei Pilgern heute wieder eine „zeitgemäße, attraktive Form, glaubend und betend durch das Land zu ziehen“, wie Hermann Signitzer, Referent für Tourismusp­astoral in der Erzdiözese Salzburg, betont.

Doch Umfragen deuten darauf hin, dass nur mehr jeder vierte Pilger aus rein religiösen Motiven unterwegs ist. Die meisten Pilger haben andere Beweggründ­e: Sie wollen aus dem Alltag ausbrechen, sich selbst finden, die Stille und die „spirituell­e“Atmosphäre genießen. Die einen brechen auf, um auf einen Lebensabsc­hnitt zurückzubl­icken, die anderen suchen eine Auszeit, bevor die nächste Lebensphas­e be- ginnt. Manche wollen im Gehen einen Schicksals­schlag verarbeite­n oder eine Lebenskris­e bewältigen, andere wollen schlicht der allgegenwä­rtigen Hektik entfliehen. Viele der modernen Pilger sind zwischen 30 und 40 – sie stecken also mitten im Strudel der „Rushhour“des Lebens, wenn Familiengr­ündung und berufliche Karriere zusammenko­mmen.

„Herunter vom Gas, in die Stille und zur Ruhe kommen, aus der Hektik ausbrechen“: Darum gehe es beim Pilgern, sagt Pilgerbegl­eiterin Edith Trentini aus Zell am See. Spirituali­tät sei dabei ein wichtiger Aspekt, betont Trentini. „Spirituali­tät fängt immer an, wenn sich Menschen heraus aus der Hektik in die Stille bewegen.“

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BILD: SN/HAM Der Weg ist das Ziel.

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