Investitionsschutzabkommen Theorie und Praxis mit Schiedsgerichten
Investor-to-State-Dispute Settlement (ISDS) sind Schiedsgerichtsklauseln in bilateralen Investitionsabkommen für den Fall eines Streits zwischen Investor und Staat. Stellen wie die Weltbank in Washington (International Center for the Settlement of Investment Disputes ICSID), International Chamber of Commerce (ICC) in Paris oder die Abteilung für internationales Handelsrecht der UNO (UNICITRAL) in Wien haben entsprechende Spielregeln entwickelt, auf die sich die Verträge beziehen. „In 90 Prozent der Fälle ist das heute ICSID“, sagt Moritz Keller, Investitionsschutzexperte in der Kanzlei Freshfields in Wien. Meist sehen die Verträge auch eine „Friedenspflicht“vor, wonach die Parteien innerhalb einer Frist eine gütliche Einigung versuchen müssen, ehe sie das Schiedsgericht anrufen dürfen. „Das klappt oft“, sagt Keller. Der niederösterreichische Energieversorger EVN hat viel Erfahrung mit Schiedsverfahren – und gute. In einem Fall ging es um einen kleinen Netzbetreiber, den der bulgarische Staat an die EVN verkauft hatte – ohne Okay der Eigentümer. In Mazedonien sollte die EVN über 100 Mill. Euro Altschulden eines staatlichen Netzbetreibers zahlen, die beim Kauf beim Staat geblieben waren. In beiden Fällen wurde ein Vergleich erzielt – außerhalb des Schiedsgerichts. Noch anhängig beim ICSID ist ein Streit um Solarstromtarife in Bulgarien. Die EVN musste sie vorfinanzieren, bekam sie aber nicht refundiert. Man sei „tatsächlich an die Grenzen des Rechtsstaates gestoßen“, sagt EVN-Sprecher Stefan Zach. In Bulgarien gebe es dazu ein Höchstgerichtsurteil zugunsten EVN, aber dennoch kein Geld. Den Casinos Austria (Casag) wurde in Argentinien Ende 2013 die Lizenz entzogen, mit dem Vorwurf der Geldwäsche. „Ein Vorwand“, sagt Sprecher Martin Himmelbauer, um die Konzession neu zu vergeben. Weil Gerichtsverfahren in Argentinien nichts fruchteten, hat die Casag im Dezember beim ICSID Klage eingebracht. Es geht um 250 Mill. Euro Schadenersatz, denn Argentinien war die größte Auslandsinvestition des Konzerns, die Lizenz wäre noch bis 2030 gelaufen. Die EU-Kommission arbeitet zurzeit an einem neuen Vorschlag zur Investitionsschutzklausel im Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP). Das Papier soll laut Handelskommissarin Cecilia Malmström in den kommenden Wochen vorliegen. Geplant sind Berufungsmöglichkeiten gegen Urteile von Schiedsgerichten und das staatliche Recht auf Regulierung.