Griechenland „noch weit vom Ziel entfernt“
Ende dieser Woche wollen die Eurofinanzminister in Riga einmal mehr über notwendige Reformen in Griechenland sprechen. Bisher hat die Regierung keine Vorschläge gemacht, die die Geldgeber dazu veranlassen, die letzte Tranche aus dem laufenden zweiten Hilfsprogramm freizugeben. Laut Poul Thomsen, Europa-Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), ist in die Gespräche mit Griechenland etwas Schwung gekommen.
Die Finanzmittel der Griechen reichten vielleicht noch bis Juni, sagte Thomsen dem „Handelsblatt“. Die Tilgungslasten, die dann auf das Land zukämen, seien sehr groß: „Wir brauchen vorher eine Einigung, damit weitere Hilfskredite ausgezahlt werden können.“Allein an die EZB werden im Juli und August insgesamt über 6,7 Mrd. Euro fällig. Dazu kommen Rückzahlungen von gut acht Mrd. Euro an den IWF und private Gläubiger.
Maßgeblich für die Zahlungsfähigkeit Griechenlands sind die dortigen Banken, die dem Staat Anleihen abkaufen. Die hängen ihrerseits von Nothilfen der Zentralbank in Athen ab, die die EZB genehmigen muss. Dafür müssen sie jedoch Sicherheiten stellen. EZBRatsmitglied Christian Noyer sagte der Zeitung „Le Figaro“, die Mittel zur Besicherung könnten griechischen Banken bald ausgehen. Daher müsse die Regierung dringend ein Programm mit dem IWF und den Europartnern vereinbaren, um das Vertrauen an den Finanzmärkten zurückzugewinnen, von denen es de facto abgeschnitten ist.
IWF-Experte Thomsen sagt, man sei trotz Fortschritten „weit vom Ziel entfernt“. Er warnte, die Folgen eines Austritts des Landes aus der Eurozone zu unterschätzen: „Niemand sollte denken, dass ein Grexit ohne Probleme wäre.“Europa sei heute zwar in einer stärkeren Position, wäre aber auch Risiken ausgesetzt. Auch für Noyer wäre ein Austritt aus dem Euro „ein Trauma für die Eurozone“, dessen Auswirkungen bis in die Weltwirtschaft spürbar wären. Die dramatischsten Konsequenzen würden aber Griechenland selbst treffen.