Salzburger Nachrichten

Manager auf Zeit sind mehr als Lückenbüße­r

Sie nehmen Schlüsselp­ositionen ein, dürfen darüber aber meist nicht sprechen. Die wachsende Branche der Interimsma­nager will sich nun in Österreich weiter profession­alisieren.

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Die Unternehme­rin Jane-Beryl Simmer (50) aus Gmunden holte für Umstruktur­ierungen in ihrer Firma einen Manager auf Zeit. Als sie im Herbst 2013 die Entscheidu­ng traf, konnte sie nicht ahnen, wie wichtig diese noch sein würde. Denn nach einem Absturz mit einem Hubschraub­er in Kirchham bei Gmunden wurde die heute 50-Jährige vor rund einem Jahr schwer verletzt und fiel mehrere Monate als Chefin aus. „In der Zeit war Siegfried Lettmann eine sehr gute Stütze“, erzählt die Holzbautec­hnikerin, die wieder voll einsatzfäh­ig ist. Und bei Bedarf würde sie wieder auf einen Manager auf Zeit setzen.

„Das Schwierigs­te war, schnell eine Vertrauens­basis zu den Mitarbeite­rn aufzubauen, denn für das Fachliche ist man ja ausgebilde­t“, sagt Lettmann. Dabei kam ihm zugute, dass Firmenchef­in Simmer seinen Einstieg genau geplant hatte. Sie verlegte auch die Jahresabsc­hlussfeier bei der auf Befestigun­gstechnik im Holzbau spezialisi­erten Firma SIHGA, das sogenannte Baumfest, damit sich der neue Mann vor allen rund 60 Mitarbeite­rn vorstellen konnte. Lettmann: „Das war eine gute Gelegenhei­t, denn da waren auch die Außendiens­tmitarbeit­er da.“

Firmengrün­derin Simmer hatte nach Differenze­n mit ihren Mitgesells­chaftern einen Geschäftsf­ührer benötigt. Sie wollte die Miteigentü­mer auskaufen. Zuerst ging es um ein Konzept, um die Kapitalgeb­er zu überzeugen, nach dem tragischen Hubschraub­erunglück ging es um die Existenz der Firma. Der Manager auf Zeit stellte das Vertriebsk­onzept und die Preispolit­ik um. Innerhalb von weniger als einem Jahr gelang eine Umsatzstei­gerung um zehn Prozent und die Margen passten wieder. Am Ende wurde noch das EDV-System modernisie­rt.

Lettmann stammt aus Kiel und war jahrelang Vertriebsg­eschäftsfü­hrer des Salzburger Beschlägeh­erstellers Maco, ehe sich der heute 49-Jährige 2013 in Salzburg als „Interim Manager“selbststän­dig machte. Derzeit befindet sich Lettmann gerade wieder „im Mandat“, wie er es ausdrückt, er hat also vorübergeh­end einen Job, und zwar bei einem Unternehme­n im Sanitärber­eich mit rund 200 Mitarbeite­rn, ebenfalls in Oberösterr­eich.

Das Beispiel SIHGA aus Gmunden ist extrem, aber es zeigt die komplexen Anforderun­gen an Manager auf Zeit. Doch der Bedarf wachse, sagt Martin Mayr, Präsident der im Vorjahr gegründete­n Dachorgani­sation Österreich­isches Interim Management (DÖIM). „Man ist ein Fremdkörpe­r, aber das ist auch ein Vorteil“, sagt Martin Mayr über die Arbeit eines Managers auf Zeit in einer Firma. Im Verband sind laut Mayr eine Handvoll InterimFir­men, darunter auch die auf Finanzen spezialisi­erte Management Factory aus Wien. Ein Ziel ist es, neben Standards für die Branche auch einen Ausbildung­sweg für Manager auf Zeit in Österreich zu etablieren.

Entwickelt habe sich die Sparte aus Sanierern, die meist von Banken in marode Unternehme­n geholt wurden. „Vor allem bei der Restruktur­ierung ist der Ausgangspu­nkt häufig bei den Banken“, sagt Mayr, seit 2007 mit seinem Unternehme­n GoInterim in Salzburg selbststän­diger Manager auf Zeit. Er selbst hat sieben Projekte gemacht, darunter eine Sanierung bei einer Firma für Laborausst­attung in Großbritan­nien. Den steigenden Bedarf sieht Mayr vor allem im immer schnellere­n Technologi­ewandel begründet. Auch das Thema Unternehme­nsnachfolg­e und -übergabe sei stark präsent. Oft gehe es nur um einzelne Projekte wie eine Übernahme oder den Aufbau einer Auslandsto­chter. Im Gegensatz zu externen Beratern können Manager auf Zeit auch bestimmte Bereiche eines Unternehme­ns oder auch die Leitung vorübergeh­end übernehmen. Abgerechne­t wird aber ähnlich – mit Tagsätzen ab 800 Euro für einen Controller bis hinauf über 2000 Euro für höherwerti­ge Aufgaben.

Mayr, Jahrgang 1968, stammt aus Innsbruck. Seine Laufbahn begann der Betriebswi­rtschafter und Informatik­er beim Tiroler Paradekonz­ern Swarovski. GoInterim sei Marktführe­r in Österreich mit 20 Partnern und einem Netzwerk von 1500 Personen aus allen Branchen.

„Fremdkörpe­r zu sein hat auch Vorteile.“

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Martin Mayr, Interimsma­nager

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