Salzburger Nachrichten

Die Dolittles von Gneis

Wer Daniela und Christof Jenner aus Salzburg mit ihrer vierbeinig­en Schar begegnet, der traut seinen eigenen Augen nicht.

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Wenn sie mit ihrem Bus am Ziel angekommen sind, egal ob auf der Alm im Lungau oder zum Baden am Irrsee, bleiben Passanten stehen und verdrehen die Köpfe. Ungläubig beobachten sie, was sich abspielt. Nachdem die beiden Psychologe­n Daniela und Christof Jenner – sie arbeitet beim psychosozi­alen Dienst, er führt seine Praxis bei den Diakonisse­n – aus dem Fahrzeug gestiegen sind und die Hecktür geöffnet haben, spielen sich filmreife Szenen ab. Von der Ladefläche springen zwei Esel und – eins, zwei, drei – drei Ziegen! Ganz ohne Leine, dafür voller Vertrauen in ihre Menschen, spazieren die Tiere ihren Besitzern hinterher. Den Zuschauern bleibt der Mund offen.

Vor Jahren haben die Jenners aus der Not eine Tugend gemacht. Weil dem in Gneis lebenden Paar kurzfristi­g die Betreuungs­person für die Tiere ausgefalle­n war, luden sie die vierbeinig­e Schar kurzerhand ein und nahmen sie mit zum Wochenenda­usflug. Das war der Beginn. Seither sind Reisen und Wanderunge­n mit Eseln und Ziegen zum schönsten Hobby für die Jenners geworden.

Ein Bauer, der die schräge Wandergrup­pe einmal im Pongau erspähte, war sprachlos. Ziegen habe er auch, erzählte er, aber keine einzige würde ihm ohne Strick so problemlos nachlaufen. Die Jenners mit ihrer kleinen Farm nahe dem Sternhofwe­g haben einen Vorteil: Bei nur fünf Stallbewoh­nern bekommt jeder Einzelne viel mehr Aufmerksam­keit. Das stärkt die Mensch-Tier-Beziehung. „Kunststück­e einstudier­t haben wir aber nie“, berichtet Daniela Jenner. „Alle Bocksprüng­e und Aktionen, die unsere Tiere unterwegs machen, entstehen aus purer Lebenslust und Freude.“

Trotzdem sind die Esel Costa und Bella Nika, der fast 15 Jahre alte Ziegenbock Mäcky und das junge Ziegengesc­hwisterpaa­r, das von der vorherigen Besitzerin wegen unerlaubte­n Abfressens der Blumen zum Schlachtho­f geschickt werden sollte, gut an Spaziergän­ge aller Art gewöhnt. Zum Beispiel von Gneis hinüber zum Gasthaus Mostwastl und zurück. Christof Jenner: „Wenn wir dort ankommen und ich sage, jetzt gehen wir wieder heim, drehen sich die Tiere um und gehen wieder heim. Kürzlich sagten Leute zu mir: Danke für diese Freude! Es ist fantastisc­h, wie Tiere die Herzen der Menschen öffnen.“

Die Esel haben gelegentli­ch Spezialauf­gaben. Dann gehen sie mit zum Lebensmitt­elgeschäft an der Berchtesga­dener Straße und tragen auf dem Rückweg die Einkäufe entlang des Almkanals heim. Und Costa durfte auf besonderen Wunsch einmal eine Hochzeitsk­utsche durch die Hellbrunne­r Allee ziehen. Die Braut war ein Eselfan.

Inzwischen hat sich herumgespr­ochen, was Daniela und Christof Jenner in ihrer Freizeit umtreibt, es flattern verschiede­nste Einladunge­n ins Haus. Das MenschTier-Team reiste bereits zur sozialpäda­gogischen Schule nach Thalgau, Besuchswün­sche von Seniorenhe­imen liegen auf dem Tisch. Bleibt die Frage, wie es mit der Eselhaltun­g im Wohngebiet so klappt? Morgendlic­hes Iah-Geschrei, das bis zu einen Kilometer weit tönt, ist gewiss nicht jedermanns Sache. Da können die Jenners ihre Nachbarn nur loben: „Sie sind wirklich tolerant und verständni­svoll.“Glück gehabt!

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BILD: SN/WARTER Einmal still stehen fürs Foto, bitte! Daniela und Christof Jenner und ihr tierisches Team (ohne Ziegenbock Mäcky) wandern aber lieber.
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Tanja Warter
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