Fremdenrecht verschärft
Österreich verschärft sein Fremdenrecht. Um Platz für Kriegsflüchtlinge zu schaffen, sagt die Innenministerin.
Österreich verschärft das Fremdenrecht. Wer aus einem sicheren Land kommt, soll innerhalb weniger Tage wieder dorthin gebracht werden.
WIEN. Khalid spricht nicht gern über seine Flucht nach Europa. Nur so viel: Der Syrer, der einst ein gutes Leben mit schönem Haus und angesehenem Beruf führte, kam von der afrikanischen Küste aus übers Mittelmeer nach Europa. Anders als die meisten seiner Landsleute, die in die Türkei flüchten und von dort weiter nach Europa gelangen. Das letzte Stück musste Khalid schwimmen, da sein Boot kenterte. Zum Glück ganz nahe der Küste. So hat er überlebt. Anders als viele andere.
Khalid ist einer jener, die aus dem Bürgerkriegsland Syrien flüchteten, um in Europa Asyl zu bekommen. Khalid hat es auch bekommen. Bei den syrischen Flüchtlingen geht es meist rasch von der Antragstellung bis zum Gewähren des begehrten Flüchtlingsstatus.
Asyl heißt Schutz. Vor Verfolgung. Vor Bombenhagel. Vor Abschiebung zurück in den Bürgerkrieg. Asyl heißt ein Leben in Sicherheit und auch staatliche Unterstützung.
Das ist der Grund, warum so viele Menschen in Europa, in Österreich, um Asyl ansuchen: Auch für jene Menschen, die keinen klassischen Asylgrund haben, ist das meist das einzige Nadelöhr, um ins wohlhabende und mit scharfen Zuwanderungsregeln geschützte Europa zu kommen und hier irgendwann einmal Geld zu verdienen, um die Familien daheim zu unterstützen – oder sie irgendwann nachzuholen.
Und das ist der Hintergrund für die neuerliche Verschärfung des Fremdenrechts, die am Dienstag im Ministerrat beschlossen wurde. Die Idee dahinter ist: die Verfahren für jene Flüchtlinge, die kaum Chancen auf Asyl haben, zu beschleunigen und sie rasch wieder außer Landes zu schaffen – innerhalb weniger Monate. Wobei man im Innenministerium hofft, dass in Zukunft zehn Tage reichen werden, um diese Fälle zu entscheiden. Betroffen sind jene Flüchtlinge, die aus sogenannten sicheren Drittstaaten kommen. Dazu zählen etwa alle Länder der Europäischen Union. Aber auch die Staaten des Balkans. Menschen von dort sind in den vergangenen Monaten verstärkt nach Österreich gereist. Vor allem aus dem Kosovo kamen Tausende Menschen und suchten um Asyl an. Dem wollte das Innenministerium mit den neuen Regeln einen Riegel vorschieben.
Eine weitere Verschärfung: Wer einen negativen Asylbescheid bekommen hat und wenn diesem vom Bundesverwaltungsgerichtshof kei- ne aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, muss künftig damit rechnen, dass er nicht in Österreich auf das Ende des Verfahrens warten darf. Er verliert damit den Anspruch auf Grundversorgung. Also dass der Staat für sein Quartier und seine Lebenshaltungskosten aufkommt. Derzeit zahlt das Innenministerium 19 Euro pro Tag für jeden Asylbewerber.
Vorgesehen ist nach dem im Ministerrat nun beschlossenen Entwurf weiters, dass künftig neben den Erstaufnahmestellen wie jener in Traiskirchen auch die Außenstellen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl Verfahren durchführen werden.
Nach der Erstabklärung sollen die Flüchtlinge in den Bundesländern in Verteilerzentren kommen, von wo sie innerhalb kurzer Zeit in kleinere Unterkünfte gebracht werden sollen.
Bei den Flüchtlingsorganisationen stößt diese Novelle nicht gerade auf Begeisterung. So sagt die Obfrau des Vereins „asylkoordination“, Anny Knapp, dass man sich schon grundsätzlich die Frage stellen müsse, ob damit nicht das Recht auf ein faires Verfahren unterminiert werde. Nur weil jemand aus einem Land komme, das als sicher eingestuft werde, heiße das nicht, dass die Person nicht politisch verfolgt werden könne. „Es gibt auch immer wieder Entscheidungen, bei denen Menschen aus dem Balkan bei uns
Wer vom Balkan kommt, hat keine Chance auf Asyl
Asyl bekommen“, sagt sie. Die Prüfung jedes Einzelfalls hält sie weiterhin für notwendig. Außerdem sollen in Zukunft nicht nur Menschen aus sicheren Drittstaaten rasch abgeschoben und aus der Grundversorgung entlassen werden, sondern auch Flüchtlinge, die etwa falsche Angaben über ihre Staatszugehörigkeit oder ihre Identität gemacht hätten.
Sowohl das Innenministerium als auch die „asylkoordination“gehen davon aus, dass der Zustrom an Asylbewerbern in den kommenden Monaten weiter ansteigen wird. Vor allem aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten werden immer mehr Menschen nach Europa kommen. Im vergangenen Jahr suchten 28.000 Personen in Österreich um Asyl an. Dieses Jahr wird diese Zahl noch einmal deutlich ansteigen.
Innenministerin Johanna MiklLeitner sagte, bei der Novelle gehe es auch darum, so viele Plätze wie möglich für Kriegsflüchtlinge zu schaffen. Bereits bisher haben die Bundesländer, die für die Quartiere der Asylbewerber zuständig sind, massive Schwierigkeiten gehabt, ausreichend Unterkünfte für die neu ankommenden Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.