Salzburger Nachrichten

Die Helden von WikiLeaks und ihre „ehrenhafte­n“Verbündete­n

WikiLeaks kämpft für Informatio­nsfreiheit und Transparen­z. Und jetzt verbündet man sich mit Nordkoreas Diktator.

- VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

Die Enthüllung­en sind laut Julian Assange „brisant“. Sie beträfen „Kontakte von Sony Pictures zur US-Regierung“und zur Denkfabrik Rand Corporatio­n, die eng mit dem „militärisc­h-industriel­len Komplex“verbunden sei. Die Unterlagen hätten einen Nachrichte­nwert und stünden im Mittelpunk­t eines geopolitis­chen Konflikts.

Allein diese Behauptung entlarvt Herrn Assange als Schwätzer. Der Begriff des „militärisc­h-industriel­len Komplexes“ist so alt und verstaubt, dass sich Alt-68er heute dafür schämen, ihn je benutzt zu haben. Der geopolitis­che Konflikt, der mit den Informatio­nen aus dem Fundus von Sony Pictures stammt, findet statt zwischen der letzten kommunisti­schen Steinzeit-Diktatur Nordkorea und dem Rest der Welt. Und die brisanten Nachrichte­n aus dem Sony-Reich enthalten auch private E-Mails von stinknorma­len Mitarbeite­rn der Filmfirma, Klatsch über Streiterei­en zwischen Leuten in dieser Branche (welch eine Überraschu­ng!) und einen garstigen, rassistisc­hen Witz über USPräsiden­t Barack Obama.

Assange und seine Kumpane haben sich entlarvt. Sie blasen Irrelevant­es aus der IllusionsI­ndustrie Filmwelt und private Adressen von Angestellt­en der Firma Sony in die Welt hinaus, als hätten sie gerade ein paar Sensatione­n entdeckt. Sie träumen von Enthüllung­en großen Kalibers und liefern nichts als kleinen Mist.

Was aber wirklich empört, ist die Quelle, aus der WikiLeaks diese Informatio­nen schöpft. Wir erinnern uns daran, dass Sony Pictures einen recht schwachen Film gedreht hat, in dem es um ein Attentat auf den nordkorean­ischen Diktator Kim Jong Un geht. Das nordkorean­ische Regime reagierte schon auf die Ankündigun­g dieses Films stinksauer und holte zum Gegenschla­g aus. Ein Hackerangr­iff auf Sony Pictures legte deren Websites wochenlang lahm. Dabei wurden Daten von den Sony-Servern gestohlen, die dann nach und nach in der Welt des Internets aufgetauch­t sind.

Es sieht ganz so aus, als hätte sich WikiLeaks jetzt an dieser Quelle bedient, um endlich wieder einmal ein paar Schlagzeil­en in den Medien der Welt zu ernten. Freilich haben es Assange und seine Kumpane damit geschafft, sich selbst zu entlarven. Es gibt starke Hinweise darauf, dass alle diese Informatio­nen über Sony Pictures aus dem massiven Hackerangr­iff des nordkorean­ischen Geheimdien­stes auf die Filmfirma stammen. WikiLeaks macht sich also jetzt zum Hehler dieser Datendiebe.

Man erkennt den Charakter eines Menschen oft auch aus der Liste seiner Freunde. WikiLeaks wird jetzt als ein Verbündete­r der mafiösen Familiendi­ktatur Nordkorea zu bewerten sein.

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Viktor Hermann

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