Australien rät zu Härte
Premier Tony Abbott empfiehlt der EU seine Politik zur Nachahmung. In Australien ist seit 18 Monaten kein Flüchtlingsboot mehr angekommen.
Nach den jüngsten Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer hat der australische Premierminister Tony Abbott der Europäischen Union seine harte Flüchtlingspolitik nahegelegt. Nur durch das Stoppen der Flüchtlingsboote könne verhindert werden, dass die Menschen im Meer ertränken, sagte Abbott Journalisten am Dienstag.
Die europäischen Länder müssten auch das Schleuserwesen beenden, fügte der rechtskonservative Regierungschef hinzu. Abbotts Regierung hatte kurz nach ihrem Amtsantritt im September 2013 die Aktion „Sovereign Borders“(Souveräne Grenzen) gestartet. Seitdem fangen Schiffe der australischen Marine Flüchtlingsboote systematisch ab und schicken sie zurück, die meisten nach Indonesien.
Erst kürzlich soll Australien 46 vietnamesische Bootsflüchtlinge abgefangen und diese in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zurück nach Vietnam gebracht haben. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR warf Canberra am Dienstag vor, die Asylanträge der Vietnamesen noch auf hoher See abgelehnt zu haben. Medienberichten zufolge hatte das Schiff Vietnam im März verlassen und war Anfang April von australischen Schiffen der Zollbehörde und Küstenwache aufgegriffen worden. Vergangenen Freitag setzte ein australisches Marineschiff die Flüchtlinge in der vietnamesischen Hafenstadt Vung Tau ab.
UNHCR-Sprecherin Vivian Tan bestätigte, dass Australien das gesamte Asylprozedere noch auf ho- Daniel Kestenholz berichtet für die SN über Australien her See abgewickelt habe, und verlangte von Canberra Details, wie genau die Asylanträge bearbeitet worden seien. Tan äußerte Bedenken, dass ein faires Asylverfahren verweigert und gefährdete Menschen damit noch größeren Gefahren ausgesetzt worden seien.
Der australische Einwanderungsminister Peter Dutton vermied eine direkte Stellungnahme, zumal seine Regierung eine Politik der Geheimhaltung bezüglich Schlepperschiffen verfolge, die Australiens Küste zu erreichen versuchen. Aus Duttons Büro verlautete lediglich, Australien habe mit der Rückführung der Flüchtlinge in ihr Heimatland weder die UNO-Flüchtlingskonvention noch internationales Recht verletzt. Dass Australien Flüchtlin- ge auf hoher See abweist, ist inzwischen Standardprozedere. Die meisten Asylbewerber stammen aus Afrika, dem Nahen Osten und dem südlichen Asien. Gewöhnlich werden die Boote zurück nach Indonesien gebracht, von wo aus die Menschen nach langen Flüchtlingsodysseen das letzte, riskante Stück ihrer Reise angetreten haben.
Bis 2012 waren Australiens Gewässer noch offen für die riskanten Überfahrten. 2013 war damit Schluss. In Papua-Neuguinea und auf der Pazifikinsel Nauru wurden im Austausch für Finanzhilfe an die jeweilige Regierung Flüchtlingszentren eingerichtet, um das Asylwesen fernab der australischen Küste im Ausland zu prozessieren.
Australien ist im Übrigen die einzige Nation der Welt, wo Asylbewerbern ohne gültiges Visum zwingend Haft droht. Auch wird denjenigen Asylstatus verweigert, die das Land über den riskanten Seeweg zu erreichen versuchen, was aber nicht bedeutet, dass Australien seine Grenzen komplett abgeriegelt hat. Australien gehört zu den Nationen, die im Rahmen von Umsiedlungsprogrammen am meisten Flüchtlinge aufnehmen. Im Rahmen eines neuen Programms sollen zudem von Australien abgewiesene Flüchtlinge neu in Kambodscha angesiedelt werden. Eine erste Gruppe von Freiwilligen werde demnächst an Bord einer Chartermaschine von Nauru nach Phnom Penh geflogen, so die australische Regierung, die dazu ein Abkommen mit Kambodscha unterzeichnete und für die Umsiedlungskosten aufkommt. Den Ausreisewilligen werden Unterkunft und Unterstützungsbeiträge für mindestens ein Jahr zugesichert.
Trotz scharfer internationaler Kritik an dieser rigiden Politik feiert die australische Regierung sie als Erfolg: Seit fast 18 Monaten sei kein Boot mit Asylsuchenden mehr angekommen, und es sei auch kein Todesfall auf dem Meer registriert worden. In einem Bericht des UNOFolterbeauftragten wird der australischen Regierung dagegen eine Verletzung der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen vorgeworfen. Die Haftbedingungen in den Lagern fernab des Kontinents seien unangemessen. Auch Kinder würden festgehalten. Canberra unternehme außerdem nicht genug, um die eskalierende Gewalt auf Manus in Papua-Neuguinea zu beenden. Menschenrechtsaktivisten gehen mit Abbotts Flüchtlingspolitik seit Längerem hart ins Gericht.