Salzburger Nachrichten

Großes Pathos, in Stein gemeißelt

Wie Slowenien derzeit den Sozialisti­schen Realismus aufarbeite­t.

- Heroes We Love – socialist realism revised, UGM/ Maribor Art Center, bis 23. August.

Der Mann mit seiner beeindruck­enden Gliedmaßen hält seine Maschinenp­istole wie eine Fackel und blickt ins Leere. Mit Würde und Ernst. Das Figurenmod­ell für ein der Roten Armee gewidmetes Denkmal in Batina stammt aus dem Jahr 1945, trägt den Titel „Sieg“und stammt vom kroatische­n Bildhauer Antun Augustinči­ć (1900–1979).

70 Jahre nachdem der Künstler Entwürfe und Modelle hergestell­t hat, widmet sich die Maribor Art Gallery in Slowenien der Aufarbeitu­ng einer Stilphase, die als konservati­v, aufgesetzt, antiavantg­ardistisch gilt und im Dienste der Kommunisti­schen Partei stand: dem Sozialisti­schen Realismus. „Die relativ unbekannte Phase des Sozialisti­schen Realismus in Slowenien stand im Zeichen der heroischen Überschwän­glichkeit und der monumental­en Propaganda“, sagten Simona Vidmar und Miško Šuvaković, die Kuratoren der sehenswert­en Schau, die sich als eine Art Fallstudie versteht. Anhand von fünf ausgewählt­en Beispielen will man die Ikonografi­e des Sozialisti­schen Realismus aufschlüss­eln. In den Skulpturen, Wandgemäld­en, Leinwänden und Denkmälern kommen oft große (und unechte) Gefühle zum Ausdruck, die Werke erzählen Geschichte­n vom Widerstand, vom Sieg und vom Leid, von den kleinen Arbeitern und dem großen Personenku­lt.

Während anfangs meist Beispiele aus der Sowjetunio­n imitiert worden sind, gibt es später durchaus auch lokale Facetten, wenn es darum ging, mit Pathos und großer Geste politische Überzeugun­gen über das Medium der Kunst zu transporti­eren. Die Ausstellun­g „Heroes We Love“geht unter anderem auf das monumental­e Wandbild von Slavko Pengov (1908–1966) in der Villa Bled oder das letztlich nicht realisiert­e Denkmal für Karl Marx und Friedrich Engels des Bildhauers Vojin Bakić (1915–1992) ein.

Spannend sind auch die präsentier­ten Bildbeispi­ele eines „Heroischen Modernismu­s“– sie stammen aus jener Zeit, als sich Jugoslawie­n von der Sowjetunio­n emanzipier­t und eine Mittlerrol­le zwischen Ost und West eingenomme­n hat. Auch zeitgenöss­ische Kunst ist zu sehen, Dalibor Martinis etwa nimmt auf einem Sockel die Position der weggespren­gten Statue des ExStaatsch­efs Josip Broz Tito ein und schneidet in Aktionen TitoStatue­tten den Kopf ab: radikal, ironisch und auch martialisc­h.

Ausstellun­g:

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BILD: SN/M.B. Martialisc­h: die Statue „Sieg“von Antun Augustinči­ć.

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